Arzneimittel-Richtlinie – AM-RL
in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 2009 eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Neufassung der Arzneimittel-Richtlinie vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009
(BAnz Nr. 49a vom 31.3.2009),
zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 18. August 2022
(BAnz AT vom 9.11.2022 B4)
Inhalt
I. | Allgemeiner Teil |
A. | Zweckbestimmung, Regelungs- und Geltungsbereich |
§ 1 | Zweckbestimmung |
§ 2 | Regelungsbereich |
§ 3 | Geltungsbereich |
§ 3a | Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie |
B. | Gesetzliche Grundlagen zum Umfang und Grenzen des Leistungsanspruchs |
§ 4 | Apothekenpflichtige und nicht apothekenpflichtige Arzneimittel |
§ 5 | Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen |
§ 6 | Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, sog. Krankenkost, diätetische Lebensmittel und enterale Ernährung |
§ 7 | Verbandmittel, Harn- und Blutteststreifen sowie weitere Medizinprodukte |
C. | Voraussetzungen für die Arzneimittelverordnung |
§ 8 | Pflichten der Beteiligten |
§ 9 | Wirtschaftliche Verordnungsweise |
D. | Dokumentation |
§10 | Dokumentation |
E. | Weitere Anforderungen |
§11 | Weitere Anforderungen |
II. | Besonderer Teil |
F. | Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch Gesetz und zugelassene Ausnahmen |
§12 | Apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V |
§13 | Verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V |
§14 | Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V |
G. | Verordnungseinschränkungen und –ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch Rechtsverordnung |
§15 | Arzneimittel bei geringfügigen Gesundheitsstörungen nach § 34 Abs. 2 SGB V und unwirtschaftliche Arzneimittel nach § 34 Abs. 3 SGB V |
H. | Verordnungseinschränkungen und –ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch diese Richtlinie |
§16 | Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse von Arzneimitteln nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGB V |
§17 | Informationen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Arzneimitteln (Therapiehinweise zur Arzneimittelauswahl) |
I. | Gesetzlich zugelassene Ausnahmen zur Verordnungsfähigkeit von Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysaten, Elementardiäten und Sondennahrung (Enterale Ernährung) |
§18 | Umfang des Anspruchs |
§19 | Definitionen der Produktgruppen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V |
§20 | Ergänzende Bestimmungen |
§21 | Medizinisch notwendige Fälle |
§22 | Produktspezifikationen |
§23 | Verordnungsfähige Standard- und Spezialprodukte |
§24 | Nicht verordnungsfähige Spezialprodukte |
§25 | Produkte, die aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht verordnungsfähig sind |
§26 | Produkte, die nicht verordnungsfähig sind, soweit damit Mehrkosten verbunden sind |
J. | Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten |
§27 | Umfang des Anspruchs |
§28 | Medizinprodukte |
§29 | Medizinisch notwendige Fälle |
K. | Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (sog. Off-Label-Use) |
§30 | Verordnungsvoraussetzungen |
L. | Verordnungsfähigkeit der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln in klinischen Studien gemäß § 35c SGB V |
§31 | Verordnungsvoraussetzungen |
§32 | Zulassungsüberschreitende Anwendung |
§33 | Schwerwiegende Erkrankung |
§34 | Therapierelevante Verbesserung gegenüber bestehenden Behandlungsmöglichkeiten |
§35 | Anforderungen an die Studienqualität |
§36 | Mehrkosten |
§37 | Nachweis- und Informationspflichten |
§38 | Beschaffung, Verordnung und Aushändigung oder Anwendung der Arzneimittel; Abrechnung |
§39 | Bescheidung und Veröffentlichung |
M. | Weitere Regelungen zur wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung |
§40 | Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen (aut idem) und von der Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ausgeschlossene Arzneimittel nach § 129 Abs. 1a SGB V |
§41 | Hinweise zu Analogpräparaten |
§42 | Bildung von Festbetragsgruppen gemäß § 35 SGB V |
§43 | Aktualisierung von Vergleichsgrößen nach § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V |
N. | Verordnung besonderer Arzneimittel (weggefallen) |
O. | Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V |
§50 | Nutzenbewertung nach § 35a SGB V |
§51 | Umsetzung von Nutzenbewertungen in der Arzneimittel-Richtlinie |
III. | Anpassung und Aktualisierung der Richtlinie |
P. | Verbandmittel und sonstige Produkte zur Wundbehandlung |
§ 52 | Umfang des Leistungsanspruchs |
§ 53 | Verordnungsvoraussetzungen |
§ 54 | Abgrenzung zu sonstigen Produkten der Wundbehandlung |
IV. | Verzeichnis der Anlagen zur Richtlinie |
Abkürzungen | |
AMG | Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) |
AM-RL | Arzneimittel-Richtlinie |
AMVV | Verordnung über die Versicherungspflicht von Arzneimitteln(Arzneimittelverschreibungsverordnung) |
ApoG | Gesetz über das Apothekenwesen (Apothekengesetz) |
BAnz. | Bundesanzeiger |
BGBl. | Bundesgesetzblatt |
BtMVV | Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung) |
EMEA | Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency) |
Eudra-CT-Nr. | European Union Drug Regulatory Authorities Clinical Trial Number |
ggf. | gegebenenfalls |
GCP-Verordnung | Verordnung über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zur Anwendung am Menschen |
GKV | Gesetzliche Krankenversicherung |
MPG | Gesetz über Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz) |
OTC | Over-the-Counter (syn. nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel) |
PZN | Pharmazentralnummer |
SGB V | Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung |
sog. | sogenannt |
UAW | unerwünschte Arzneimittelwirkungen |
WHO | World Health Organization |
I. Allgemeiner Teil
A. Zweckbestimmung, Regelungs- und Geltungsbereich
§ 1 Zweckbestimmung
1Diese Richtlinie regelt gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V die Verordnung von Arzneimitteln durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte und in ärztlichen Einrichtungen nach § 95 SGB V sowie durch Krankenhäuser nach § 39 Abs. 1a SGB V mit dem Ziel einer bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten. 2Für die Versorgung mit Arzneimitteln in Einrichtungen nach § 116b SGB V gilt diese Richtlinie entsprechend.
§ 2 Regelungsbereich
(1) 1Die Richtlinie konkretisiert den Inhalt und Umfang der im SGB V festgelegten Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitsgebots im Sinne einer notwendigen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse und des Prinzips einer humanen Krankenbehandlung. 2Die gesetzlichen Grundlagen ergeben sich aus den §§ 2, 2a, 12, 27, 28, 31, 34, 35, 35a, 35b, 35c, 39a Abs. 1a, 70, 73, 92, 93 und 129 Abs. 1a SGB V.
(2) Die Richtlinie
- beschreibt allgemeine Regeln einer notwendigen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Verordnungsweise,
- stellt Leistungseinschränkungen und -ausschlüsse, soweit sie sich unmittelbar aus Gesetz und Rechtsverordnungen ergeben, zusammenfassend dar,
- konkretisiert die Leistungseinschränkungen und -ausschlüsse für Arzneimittel, für die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind,
- schafft mit indikations- und wirkstoffbezogenen Therapiehinweisen Entscheidungsgrundlagen für geeignete Behandlungsstrategien und eine therapeutisch zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimittelversorgung und
- ermöglicht eine therapie- und preisgerechte Arzneimittelauswahl, auch unter Berücksichtigung der Festbeträge nach § 35 SGB V.
§ 3 Geltungsbereich
Die Richtlinie einschließlich ihrer Anlagen ist für Ärztinnen und Ärzte sowie Einrichtungen nach § 1, Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen und deren Verbände sowie Versicherte verbindlich.
§ 3a Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie
(1) Wenn und solange der Deutsche Bundestag gemäß § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, gelten die nachfolgend bezeichneten Regelungen der Arzneimittel-Richtlinie mit folgenden Maßgaben:
1. § 8 Absatz 3a Satz 2, wonach eine Verordnung für die Versorgung der oder des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich sein muss, ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Erforderlichkeit sich auch aus dem Umstand einer Vermeidung des zusätzlichen Aufsuchens einer Arztpraxis ergibt.
2. § 8 Absatz 3a Satz 6 bis 8 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die rechtzeitige Information im Zusammenhang mit der Entlassung der oder des Versicherten sich auf den Zeitpunkt der in der ambulanten Versorgung notwendigen Anschlussversorgung bezieht. Die Nummern 4 und 5 können dabei berücksichtigt werden.
3. § 9 Absatz 2 Nummer 3 Satz 2, wonach bei Verordnungen von Arzneimitteln nach § 39 Absatz 1a SGB V im Rahmen des Entlassmanagement die Begrenzung auf eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß Packungsgrößenverordnung zu beachten ist, wird ausgesetzt.
4. Abweichend von § 9 Absatz 2 Nummer 3 Satz 3 darf ausgehend vom Versorgungsbedarf der oder des Versicherten bei der Entlassung aus dem Krankenhaus auch eine Packungsgröße bis zum größten Packungsgrößenkennzeichen gemäß Packungsgrößenverordnung im Rahmen des Entlassmanagement nach § 39 Absatz 1a SGB V verordnet werden.
5. Abweichend von § 9 Absatz 2 Nummer 3 Satz 4, wonach die sonstigen in die Arzneimittelversorgung nach § 31 SGB V einbezogenen Produkte im Rahmen des Entlassmanagement nach § 39 Absatz 1a SGB V für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet werden können, können diese Produkte für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu 14 Tagen verordnet werden.
6. § 11 Absatz 4 Satz 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Verordnungen nach § 39 Absatz 1a SGB V im Rahmen des Entlassmanagement nur innerhalb von sechs Werktagen zu Lasten der Krankenkasse beliefert werden dürfen.
7. Abweichend von § 37 Absatz 2 Satz 1 kann der Gemeinsame Bundesausschuss bei klinischen Studien zur zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln zur Behandlung von COVID-19-Erkrankungen nur innerhalb von fünf Werktagen nach Eingang der Mitteilung widersprechen.
(2) 1§ 3a Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6 treten mit Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes außer Kraft. 2§ 3a Absatz 1 Nummer 3 und 4 treten an dem Tag außer Kraft, an dem § 1 Absatz 2 Satz 1 der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung außer Kraft tritt. 3§ 3a Absatz 1 Nummer 5 tritt an dem Tag außer Kraft, an dem § 1 Absatz 2 Satz 2 der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung außer Kraft tritt. 4§ 3a Absatz 1 Nummer 7 tritt an dem Tag außer Kraft, an dem § 1 Absatz 1 der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung außer Kraft tritt.
B. Gesetzliche Grundlagen zum Umfang und Grenzen des Leistungsanspruchs
§ 4 Apothekenpflichtige und nicht apothekenpflichtige Arzneimittel
(1) Der Anspruch der Versicherten erstreckt sich ausschließlich auf die Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder diese Richtlinie von der Versorgung ausgeschlossen sind.
(2) Durch Gesetz sind von der Versorgung ausgeschlossen:
- nicht apothekenpflichtige Arzneimittel (§ 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V),
- apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V),
- verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Anwendung bei sog. geringfügigen Gesundheitsstörungen (§ 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V) und
- Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht, sog. Lifestyle Arzneimittel (§ 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V).
(3) Die in der Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 3 SGB V genannten Arzneimittel sind als unwirtschaftlich von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen (sog. Negativliste).
(4) 1Die Verordnung von apothekenpflichtigen, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. 2Das Nähere regeln § 12 und die Anlage I.
§ 5 Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen
(1) 1Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen der Anthroposophie und Homöopathie sind von der Versorgung nicht ausgeschlossen. 2Bei der Beurteilung ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.
(2) Bei der Verordnung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind die §§ 8 bis 10 zu beachten.
(3) Die Voraussetzungen, unter denen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen der Anthroposophie und Homöopathie zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden können, richten sich nach § 12 Abs. 6.
§ 6 Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, sog. Krankenkost, diätetische Lebensmittel und enterale Ernährung
1Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, sog. Krankenkost und diätetische Lebensmittel, einschließlich Produkte für Säuglinge oder Kleinkinder, sind von der Versorgung nach § 27 SGB V ausgeschlossen. 2Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. 3Das Nähere regeln die §§ 19 ff.
§ 7 Verbandmittel, Harn- und Blutteststreifen sowie weitere Medizinprodukte
1Der Anspruch der Versicherten erstreckt sich auf die Versorgung mit
- Verbandmitteln, soweit es sich um solche nach Abschnitt P dieser Richtlinie handelt,
- Harn- und Blutteststreifen, soweit sie nicht entsprechend § 16 Abs. 1 in ihrer Verordnung eingeschränkt oder ausgeschlossen sind.
- Medizinprodukten im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, soweit diese in die Versorgung mit Arzneimitteln nach den §§ 27 ff. einbezogen sind.
2Die Regelungen des allgemeinen Teils zu Voraussetzungen für die Arzneimittelverordnung, zur Dokumentation sowie weiteren Anforderungen sind auf die in die Arzneimittelversorgung einbezogenen Produkte nach Nummer 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
C. Voraussetzungen für die Arzneimittelverordnung
§ 8 Pflichten der Beteiligten
(1) Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte und Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, dass die Versicherten eigenverantwortlich durch gesundheitsbewusste Lebensführung, Beteiligung an Vorsorgemaßnahmen und durch aktive Mitwirkung an Behandlungsmaßnahmen dazu beitragen, Krankheiten zu verhindern und deren Verlauf und Folgen zu mildern.
(2) Eine Verordnung von Arzneimitteln ist – von Ausnahmefällen abgesehen – nur zulässig, wenn sich die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt von dem Zustand der oder des Versicherten überzeugt hat oder wenn ihnen der Zustand aus der laufenden Behandlung bekannt ist.
(3) Vor einer Verordnung von Arzneimitteln ist zu prüfen, ob
- eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt,
- angesichts von Art und Schweregrad der Gesundheitsstörung Maßnahmen im Sinne einer gesundheitsbewussten Lebensführung ausreichend sind,
- anstelle der Verordnung von Arzneimitteln nichtmedikamentöse Therapien in Betracht zu ziehen sind,
- angesichts von Art und Schweregrad der Gesundheitsstörung eine Arzneimittelverordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung medizinisch notwendig ist und
- angesichts von Art und Schweregrad der Gesundheitsstörung und der bei ihrer Behandlung zu erwartenden therapeutischen Effekte zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimittel zur Verfügung stehen,
- bei alkoholhaltigen Arzneimitteln zur oralen Anwendung insbesondere bei Kindern sowie bei Personen mit Lebererkrankungen, mit Alkoholkrankheit, mit Epilepsie, mit Hirnschädigung oder Schwangeren alkoholfreie Arzneimittel zur Verfügung stehen, die zur Behandlung geeignet sind.
(3a) 1Die durchgehende Versorgung einer Versicherten oder eines Versicherten mit Arzneimitteln nach dem Krankenhausaufenthalt ist sicherzustellen. 2Vor einer Verordnung von Arzneimitteln nach § 39 Abs. 1a SGB V hat das Krankenhaus zu prüfen, ob für die Versorgung der oder des Versicherten mit Arzneimitteln unmittelbar nach der Entlassung eine Verordnung erforderlich ist. 3Dann kann die Sicherstellung durch Verordnung im Rahmen des Entlassmanagements nach § 39 Abs. 1a SGB V erfolgen. 4Sofern auf die Entlassung der oder des Versicherten ein Wochenende oder ein Feiertag folgt, kann die Sicherstellung auch durch Mitgabe der für die Versorgung erforderlichen Arzneimittel nach § 14 Abs. 7 ApoG erfolgen. 5Dabei ist die Mitgabe nach § 14 Abs. 7 ApoG insbesondere dann vorrangig, wenn die medikamentöse Behandlung durch die Reichweite der mitgegebenen Arzneimittel abgeschlossen werden kann. 6Das Krankenhaus hat die weiterbehandelnde Vertragsärztin oder den weiterbehandelnden Vertragsarzt rechtzeitig im Zusammenhang mit der Entlassung der oder des Versicherten aus dem Krankenhaus zu informieren. 7Dies schließt die Information über die medikamentöse Therapie bei Entlassung, deren Dosierung und die im Rahmen des Entlassmanagements verordneten Arzneimittel ein. 8Dabei sind insbesondere Änderungen einer vor Aufnahme bestehenden und dem Krankenhaus bekannten Medikation, darzustellen und zu erläutern sowie ggf. Hinweise zur Therapiedauer neu verordneter Arzneimittel zu geben. 9§ 39 Abs. 1a Satz 11 bis 13 SGB V bleiben unberührt.
(4) 1Vor einer Verordnung soll sich die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt über die Medikation der oder des Versicherten informieren. 2Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Verordnungen durch andere Ärztinnen oder Ärzte sowie auf die Selbstmedikation der oder des Versicherten.
(5) Die Krankenkassen und die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie die Einrichtungen nach § 1 haben die Versicherten über deren Leistungsansprüche und über die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Einschränkungen der Leistungspflicht bei der Versorgung mit Arzneimitteln aufzuklären.
(6) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) wirken auf eine einheitliche Anwendung dieser Richtlinie hin.
§ 9 Wirtschaftliche Verordnungsweise
(1) 1Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. 2Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). 3Die Verordnung von Arzneimitteln hat den Regeln der ärztlichen Kunst und den Grundsätzen einer rationalen Arzneimitteltherapie zu entsprechen. 4Arzneimittel mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen dürfen nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. 5Der therapeutische Nutzen im Sinne dieser Richtlinie besteht in einem nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse relevanten Ausmaß der Wirksamkeit bei einer definierten Indikation. 6Die arzneimittelrechtliche Zulassung ist dabei eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Verordnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung. 7§ 5 Abs. 3 bleibt unberührt.
(2) 1Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll dem Wirtschaftlichkeitsgebot durch kostenbewusste Verordnung insbesondere in folgender Weise entsprechen:
- Stehen zum Erreichen eines Therapieziels mehrere gleichwertige Behandlungsstrategien zur Verfügung, soll die nach Tagestherapiekosten und Gesamtbehandlungsdauer wirtschaftlichste Alternative gewählt werden.
- Stehen für einen Wirkstoff mehrere, für das Therapieziel gleichwertige Darreichungsformen zur Verfügung, soll die preisgünstigste Darreichungsform gewählt werden.
- Bei der Verordnung von Arzneimitteln, die mit gleichem Wirkstoff, Wirkstärke und Darreichungsform von verschiedenen Firmen angeboten werden, soll ein möglichst preisgünstiges Präparat ausgewählt werden. 2Dies gilt entsprechend bei der Verordnung von Arzneimitteln nach § 39 Abs. 1a SGB V (Entlassmanagement) mit der Maßgabe, dabei die Begrenzung auf eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß Packungsgrößenverordnung zu beachten. 3Ist keine Packungsgröße mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß Packungsgrößenverordnung im Verkehr, kann eine Packung verordnet werden, deren Packungsgröße die Größe einer Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß Packungsgrößenverordnung nicht überschreitet. 4Die sonstigen in die Arzneimittelversorgung nach § 31 SGB V einbezogenen Produkte können für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu 7 Tagen verordnet werden.
- Bei der Verordnung von Arzneimitteln sollen auch preisgünstige und importierte Arzneimittel berücksichtigt werden.
(3) Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll die zu verordnende Menge (Packungsgröße) der Art und Dauer der Erkrankung anpassen:
- Bei akuten Erkrankungen soll eine kleine, für das angestrebte Therapieziel ausreichende Menge verordnet werden.
- Bei der Neueinstellung auf eine medikamentöse Dauertherapie soll, um Verträglichkeit und Wirkung zu prüfen, eine angemessen kleine Arzneimittelmenge verordnet werden.
- Bei chronischen Krankheiten kann die Verordnung von großen Mengen wirtschaftlicher sein als die wiederholte Verordnung kleiner Mengen.
- Vor jeder Wiederholung einer Verordnung von Arzneimitteln soll geprüft werden, ob diese erforderlich ist und ob die verordnete Menge mit der vorgesehenen Anwendungsdauer übereinstimmt; dabei ist insbesondere auf Arzneimittelmissbrauch, -gewöhnung oder -abhängigkeit zu achten.
D. Dokumentation
§ 10 Dokumentation
(1) 1Arzneimittel oder Arzneimittelgruppen, deren Verordnung nach dieser Richtlinie eingeschränkt oder ausgeschlossen ist (§ 16 und § 17), sind in der Übersicht über die Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse nach § 16 Abs. 3 zusammengestellt (Anlage III der Richtlinie). 2Soweit die Verordnung von Arzneimitteln oder bei Arzneimittelgruppen die Verordnung für einzelne Arzneimittel aufgrund der jeweils genannten Ausnahmetatbestände zulässig ist, ist die Therapieentscheidung nach den Vorgaben der Übersicht nach § 16 Abs. 3 zu dokumentieren. Soweit die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt ein Arzneimittel nach § 16 Absatz 5 ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen verordnet, ist die Begründung für diese Therapieentscheidung in der Patientenakte zu dokumentieren.
(2) 1Die Dokumentation erfolgt im Sinne von § 10 (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte. 2Im Regelfall genügt die Angabe der Indikation und gegebenenfalls die Benennung der Ausschlusskriterien für die Anwendung wirtschaftlicher Therapiealternativen, soweit sich aus den Bestimmungen der Richtlinie nichts anderes ergibt.
E. Weitere Anforderungen
§ 11 Weitere Anforderungen
(1) 1Die Versorgung mit Arzneimitteln im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung setzt eine Verordnung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes auf einem ordnungsgemäß ausgestellten Arzneiverordnungsblatt (Muster 16 gem. § 87 Abs. 1 SGB V) voraus. 2Änderungen und Ergänzungen zu einer ausgestellten Verordnung bedürfen der erneuten Unterschrift der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes mit Datumsangabe. 3Die entsprechende Umsetzung der Vorgaben im Rahmen der elektronischen Verordnung nach § 86 SGB V bleibt unberührt, soweit die Formvorschriften der AMVV und der BtMVV der elektronischen Verordnung nicht entgegenstehen. 4Das Weitere regeln die Bundesmantelverträge. 5Die Vorschriften zu Korrekturen oder Ergänzungen oder Korrekturen und Ergänzungen nicht ordnungsgemäßer Verordnungen nach Maßgabe des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V in der Fassung vom 1. August 2020 bleiben hiervon unberührt. 6Die Verordnung von Betäubungsmitteln setzt ein ordnungsgemäß ausgefülltes Betäubungsmittelrezept gemäß § 8 BtMVV und von Arzneimitteln gemäß § 3a Absatz 1 AMVV einen ordnungsgemäß ausgefüllten amtlichen Vordruck des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (sogenanntes T-Rezept) voraus.
(1a) 1Die Versorgung mit Arzneimitteln im Rahmen des Entlassmanagements nach § 39 Abs. 1a SGB V setzt eine Verordnung auf einem ordnungsgemäß ausgestellten Arzneiverordnungsblatt voraus. 2Änderungen und Ergänzungen zu einer ausgestellten Verordnung bedürfen der erneuten Unterschrift mit Datumsangabe. 3Die entsprechende Umsetzung der Vorgaben im Rahmen der elektronischen Verordnung nach § 86 SGB V bleibt unberührt, soweit die Formvorschriften der AMVV und der BtMVV der elektronischen Verordnung nicht entgegenstehen. 4Das Weitere regelt der Rahmenvertrag nach § 39 Abs. 1a Satz 9 SGB V unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie.
(2) Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt kann Arzneimittel nach Handelsnamen (Warenzeichen) oder Wirkstoffnamen (generische Bezeichnung) oder als Rezeptur verordnen.
(2a) 1Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt eine Verordnung ausstellen, nach der eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. 2Verordnungen nach Satz 1 sind besonders zu kennzeichnen und bedürfen der Angabe des jeweiligen Beginns einer Einlösefrist. 3Abweichend von Absatz 4 Satz 1 dürfen Verordnungen nach Satz 1 bis zu 365 Tage nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden. 4Damit ist das Ende der Einlösefrist beschrieben und nur eine einmalige (Teil-)Belieferung der Verordnung zulässig. 5Kürzere Belieferungsfristen nach § 12 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c BtMVV und den §§ 3a Absatz 4 und 3b Absatz 2 AMVV bleiben unberührt.
(3) Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt kann bei der Verordnung ausschließen, dass in der Apotheke anstelle des verordneten Arzneimittels ein preisgünstigeres, wirkstoffgleiches Arzneimittel abgegeben wird („aut idem“ gem. § 73 Abs. 5 SGB V).
(4) 1Verordnungen dürfen längstens 28 Tage nach Ausstellungsdatum zu Lasten der Krankenkasse beliefert werden. 2Die Belieferungsfrist endet auch dann mit dem Ablauf ihres letzten Tages, wenn dieser auf einen Samstag, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fällt. 3Verordnungen nach § 39 Abs. 1a SGB V sind als solche zu kennzeichnen und dürfen nur innerhalb von 3 Werktagen zu Lasten der Krankenkasse beliefert werden. 4Kürzere Belieferungsfristen nach § 12 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c BtMVV und den §§ 3a Absatz 4 und 3b Absatz 2 AMVV bleiben unberührt.
(5) (aufgehoben)
(6) (aufgehoben)
II. Besonderer Teil
F. Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch Gesetz und zugelassene Ausnahmen
§ 12 Apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V
(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen.
(2) Die Verordnung dieser Arzneimittel ist nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten.
(3) Eine Krankheit ist schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.
(4) Ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.
(5) Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung sind in Anlage I aufgeführt.
(6) 1Für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete und Anwendungsvoraussetzungen nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist. 2Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt hat zur Begründung der Verordnung die zugrunde liegende Diagnose in der Patientendokumentation aufzuzeichnen.
(7) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die begleitend zu einer medikamentösen Haupttherapie mit zugelassenen, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähigen Arzneimitteln eingesetzt werden (Begleitmedikation), sind verordnungsfähig, wenn das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in der Fachinformation des Hauptarzneimittels als Begleitmedikation zwingend vorgeschrieben ist.
(8) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die zur Behandlung der beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines zugelassenen, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähigen Arzneimittels auftretenden schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen (unerwünschte Arzneimittelwirkungen; UAW) eingesetzt werden, sind verordnungsfähig, wenn die UAW schwerwiegend im Sinne des Absatzes 3 sind.
(9) Die Verordnung der Arzneimittel in den zugelassenen Fällen ist in der ärztlichen Dokumentation durch Angabe der entsprechenden Diagnose zu begründen.
(10) Die Vorschriften in den Absätzen 1 bis 9 regeln abschließend, unter welchen Voraussetzungen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig sind; § 16 Abs. 3 in Verbindung mit Anlage III bleibt unberührt.
(11) 1Die Verpflichtung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bleibt von diesen Regelungen unberührt. 2Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt soll nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten des Versicherten verordnen, wenn sie zur Behandlung einer Erkrankung medizinisch notwendig, zweckmäßig und ausreichend sind. 3In diesen Fällen kann die Verordnung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels unwirtschaftlich sein.
(12) Die Regelungen in Absatz 1 gelten nicht für versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und versicherte Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.
§ 13 Verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V
Folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel sind nach § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, von der Versorgung ausgeschlossen:
- Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, sofern es sich um geringfügige Gesundheitsstörungen handelt.
- Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen, geschwürigen Erkrankungen der Mundhöhle und nach chirurgischen Eingriffen im Hals-, Nasen-, Ohrenbereich.
- Abführmittel außer zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase.
- Arzneimittel gegen Reisekrankheit (unberührt bleibt die Anwendung gegen Erbrechen bei Tumortherapie und anderen Erkrankungen, z. B. Menièrescher Symptomkomplex).
§ 14 Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V
(1) 1Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht, sind von der Versorgung ausgeschlossen. 2Dies sind Arzneimittel, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt ist oder die aufgrund ihrer Zweckbestimmung insbesondere
- nicht oder nicht ausschließlich zur Behandlung von Krankheiten dienen,
- zur individuellen Bedürfnisbefriedigung oder zur Aufwertung des Selbstwertgefühls dienen,
- zur Behandlung von Befunden angewandt werden, die lediglich Folge natürlicher Alterungsprozesse sind und deren Behandlung medizinisch nicht notwendig ist oder
- zur Anwendung bei kosmetischen Befunden angewandt werden, deren Behandlung in der Regel medizinisch nicht notwendig ist.
(2) Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der sexuellen Dysfunktionen (z. B. der erektilen Dysfunktion), der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen.
(3) Die nach Absatz 1 ausgeschlossenen Fertigarzneimittel und die Anwendungsgebiete, bei denen eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht, sind in einer Übersicht als Anlage II der Arzneimittel-Richtlinie zusammengestellt.
G. Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch Rechtsverordnung
§ 15 Arzneimittel bei geringfügigen Gesundheitsstörungen nach § 34 Abs. 2 SGB V und unwirtschaftliche Arzneimittel nach § 34 Abs. 3 SGB V
(1) Durch Rechtsverordnung können über § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V hinaus weitere Arzneimittel ausgeschlossen werden, die ihrer Zweckbestimmung nach üblicherweise bei geringfügigen Gesundheitsstörungen verordnet werden (§ 34 Abs. 2 SGB V).
(2) Die in der Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 3 SGB V genannten Arzneimittel sind als unwirtschaftlich von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen, weil
- sie für das Therapieziel oder zur Minderung von Risiken nicht erforderliche Bestandteile enthalten oder
- ihre Wirkung wegen der Vielzahl der enthaltenen Wirkstoffe nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden kann oder
- ihr therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist.
(3) Die durch Rechtsverordnung auf Grund des § 34 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossenen Fertigarzneimittel sind in einer Übersicht zusammengestellt (§ 93 Abs. 1 i. V. m. § 34 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V, sog. Negativliste).1)
1) Arzneimittelübersicht zu der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 18. Oktober 2003, BAnz. Nr. 195a (Beilage) sowie auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses.
H. Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch diese Richtlinie
§ 16 Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse von Arzneimitteln nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGB V
(1) Arzneimittel dürfen von Versicherten nicht beansprucht, von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten nicht verordnet und von Krankenkassen nicht bewilligt werden, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
- der diagnostische oder therapeutische Nutzen oder
- die medizinische Notwendigkeit oder
- die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist.
(2) Diese Voraussetzungen treffen insbesondere zu, wenn
- ein Arzneimittel unzweckmäßig ist,
- eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist,
- ein Arzneimittel nicht der Behandlung von Krankheiten dient oder die Anwendung aus medizinischen Gründen nicht notwendig ist,
- das angestrebte Behandlungsziel ebenso mit nichtmedikamentösen Maßnahmen medizinisch zweckmäßiger und/oder kostengünstiger zu erreichen ist oder
- an Stelle von fixen Wirkstoffkombinationen das angestrebte Behandlungsziel mit therapeutisch gleichwertigen Monopräparaten medizinisch zweckmäßiger und/oder kostengünstiger zu erreichen ist.
(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 in ihrer Verordnung eingeschränkten und von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel sind in einer Übersicht als Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie zusammengestellt.
(4) Darüber hinaus liegt eine unwirtschaftliche Verordnungsweise vor, wenn Arzneimittel, bei denen der Behandlungserfolg wegen individuell unterschiedlichen Ansprechens nicht vorhersehbar ist, ohne besondere Erfolgskontrolle verordnet werden.
(5) Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt kann die nach den Absätzen 1 und 2 in ihrer Verordnung eingeschränkten und von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Die Begründung der Verordnung erfolgt in der Patientenakte entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 3.
(6) 1Das Nähere über die nach Absatz 1 in ihrer Verordnung eingeschränkten oder ausgeschlossenen Harn- und Blutteststreifen ist in Anlage III geregelt. 2Absatz 5 gilt entsprechend.
§ 17 Informationen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Arzneimitteln (Therapiehinweise zur Arzneimittelauswahl)
(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss gibt in Therapiehinweisen nach § 92 Abs. 2 Satz 7 SGB V Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Arzneimitteln; er kann dabei die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln einschränken. 2§ 16 Abs. 5 gilt entsprechend. 3Die Therapiehinweise sind von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt zu beachten.
(2) In den Hinweisen werden Arzneimittel bewertet, insbesondere hinsichtlich
- des Ausmaßes ihres therapeutischen Nutzens, auch im Vergleich zu anderen Arzneimitteln und Behandlungsmöglichkeiten,
- des therapeutischen Nutzens im Verhältnis zum Apothekenabgabepreis und damit zur Wirtschaftlichkeit,
- der medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit.
(3) Die Therapiehinweise nach Absatz 1 sind in Anlage IV dieser Richtlinie zusammengestellt.
I. Gesetzlich zugelassene Ausnahmen zur Verordnungsfähigkeit von Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysaten, Elementardiäten und Sondennahrung (Enterale Ernährung)
§ 18 Umfang des Anspruchs
1Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, sogenannte Krankenkost und diätetische Lebensmittel einschließlich Produkte für Säuglinge oder Kleinkinder sind von der Versorgung nach § 27 SGB V ausgeschlossen. 2Dies gilt nicht für Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung, soweit sie nach den Bestimmungen dieser Richtlinie in medizinisch notwendigen Fällen ausnahmsweise verordnungsfähig sind.
§ 19 Definitionen der Produktgruppen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V
(1) 1Aminosäuremischungen sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung). 2Sie bestehen überwiegend aus qualitativ und quantitativ definierten Gemischen von Aminosäuren und sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. 3Entsprechend der Zweckbestimmung können gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe enthalten sein. 4Soweit dies medizinisch notwendig ist, können Aminosäuremischungen auch Fette und Kohlenhydrate enthalten.
(2) 1Eiweißhydrolysate sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), bestehend aus abgebauten Proteinen (niedermolekularen Proteinkomponenten in Form von freien Aminosäuren, Oligopeptiden [2-10 Aminosäuren] und Peptiden). 2Sie sind nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet. 3Enthalten sein können entsprechend ihrer Zweckbestimmung gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente sowie zugelassene Zusatz- und Aromastoffe und Kohlenhydrate als Füll- oder Geschmacksstoffe.
(3) Elementardiäten sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die – unabhängig von der Molekulargröße – oral zuzuführende Gemische aus Proteinen (auch hochhydrolysierte Proteine), Aminosäuren, Kohlenhydraten, Fetten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen enthalten, und die als einzige Nahrungsquelle geeignet sind (sogenannte Trinknahrung).
(4) Sondennahrungen sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten im Sinne der Diätverordnung), die bei einer individuell gewählten Zusammensetzung und Dosierung als einzige Nahrungsquelle zur Ernährung über die Sonde bestimmt sind.
§ 20 Ergänzende Bestimmungen
1Verordnete Produkte müssen der Legaldefinition für diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) entsprechen und sich rechtmäßig auf dem deutschen Markt befinden. 2Produkte, die nicht den vorgenannten Definitionen entsprechen, z. B. weil sie nur Kohlenhydrate oder Fette enthalten, sind keine Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung im Sinne dieser Richtlinie und des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V. 3Dies gilt nicht für ergänzende bilanzierte Diäten zur Behandlung von angeborenen, seltenen Defekten im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und anderen diätpflichtigen Erkrankungen, die unbehandelt zu schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung führen und bei denen eine diätetische Intervention mit ergänzenden bilanzierten Diäten medizinisch notwendig ist. 4Die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt hat für jeden Defekttyp zu prüfen, ob eine Behandlung durch diese Produkte medizinisch notwendig ist oder ob symptomatische oder eigenverantwortliche Maßnahmen Priorität haben.
§ 21 Medizinisch notwendige Fälle
(1) 1Enterale Ernährung ist bei fehlender oder eingeschränkter Fähigkeit zur ausreichenden normalen Ernährung verordnungsfähig, wenn eine Modifizierung der normalen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. 2Enterale Ernährung und sonstige Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation schließen einander nicht aus, sondern sind erforderlichenfalls miteinander zu kombinieren.
(2) Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt hat bei der Verordnung von enteraler Ernährung zu prüfen, ob insbesondere die nachfolgenden Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation geeignet sind, eine ausreichende normale Ernährung auch ohne Einsatz von enteraler Ernährung zu gewährleisten, und diese gegebenenfalls zu veranlassen:
- Bei unzureichender Energiezufuhr ist eine kalorische Anreicherung der Nahrung mit Hilfe natürlicher Lebensmittel (z. B. Butter, Sahne, Vollmilch, Fruchtsäfte, Öle, Nahrungsmittel mit hoher Energie- und Nährstoffdichte) sowie ein erweitertes Nahrungsangebot mit kalorien- und nährstoffreichen Zwischenmahlzeiten zu veranlassen.
- Restriktive Diäten sind zu überprüfen.
- Bei Schluckstörungen ist auf eine geeignete Lagerung der Patientin oder des Patienten sowie eine angemessene Konsistenz der Nahrung zu achten und die Verordnung von Heilmitteln (Anbahnung und Förderung des Schluckvorgangs als Teil der Stimm-, Sprech- und Sprachbehandlung [Logopädie] oder sensomotorisch-perzeptive Behandlung zur Verbesserung der Mund- und Essmotorik als Teil der Ergotherapie) zu prüfen.
- Verordnete Medikamente sind unter dem Gesichtspunkt negativer Effekte auf den Appetit und den Ernährungszustand kritisch zu überprüfen.
- Es sind geeignete pflegerische Maßnahmen zur Sicherung einer ausreichenden Trinkmenge zu veranlassen.
- Kaustörungen sind durch Mundpflege, Mundhygiene, notwendige Zahnbehandlungen oder -sanierungen und – soweit erforderlich – funktionsfähige Zahnprothesen zu beheben.
- Motorische Probleme beim Zerkleinern der Nahrung sind, soweit erforderlich, durch die Verordnung von ergotherapeutischem Esstraining und entsprechende Versorgung mit geeignetem Besteck zu beheben.
- Bei Beeinträchtigungen der geistigen und psychischen Gesundheit stehen insbesondere die Zuwendung beim Essen mit Aufforderung zum Essen sowie geduldiges Anreichen der Nahrung im Mittelpunkt.
- Soziale Maßnahmen können erste Priorität haben, hierzu gehört die Beratung der Angehörigen, das Organisieren von Besuchsdiensten, Unterstützung beim Einkauf und, soweit erforderlich, die Lieferung von vorbereiteten Produkten.
§ 22 Produktspezifikationen
(1) Standardprodukte im Sinne der Richtlinie sind Elementardiäten und Sondennahrungen, die bei der überwiegenden Zahl der Indikationen für enterale Ernährung einsetzbar sind.
(2) Spezialprodukte im Sinne der Richtlinie sind Elementardiäten und Sondennahrungen, die krankheitsadaptiert für bestimmte Indikationen ausgewiesen sind.
§ 23 Verordnungsfähige Standard- und Spezialprodukte
Bei gegebener Indikation erfolgt die Versorgung mit Elementardiäten und Sondennahrung in Form von norm- oder hochkalorischen Standardprodukten (bilanzierte Diäten); hierzu zählen auch gegebenenfalls
- Produkte mit Anpassung für Niereninsuffiziente, altersadaptierte Produkte für Säuglinge und Kleinkinder,
- Elementardiäten (sogenannte Trinknahrung) mit hochhydrolysierten Eiweißen oder Aminosäuremischungen für Säuglinge und Kleinkinder mit Kuhmilcheiweißallergie oder Patientinnen und Patienten mit multiplen Nahrungsmittelallergien,
- niedermolekulare oder speziell mit mittelkettigen Triglyzeriden (MCT-Fette) angereicherte Produkte bei Patientinnen und Patienten mit dokumentierten Fettverwertungsstörungen oder Malassimilitationssyndromen (z. B. Kurzdarmsyndrom, AIDS-assoziierten Diarrhöen, Mukoviszidose),
- defektspezifische Aminosäuremischungen (auch fett- und kohlenhydrathaltige Produkte) für Patientinnen und Patienten mit Phenylketonurie oder weiteren angeborenen Enzymdefekten, die mit speziellen Aminosäuremischungen behandelt werden,
- spezielle Produkte für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit seltenen angeborenen Defekten im Kohlenhydrat- oder Fettstoffwechsel (je nach Krankheitsbild auch kohlenhydrat- oder fettfreie Einzelsupplemente) sowie für weitere definierte diätpflichtige Erkrankungen und
- ketogene Diäten für Patientinnen und Patienten mit Epilepsien, wenn trotz optimierter antikonvulsiver Therapie eine ausreichende Anfallskontrolle nicht gelingt.
§ 24 Nicht verordnungsfähige Spezialprodukte
Die Verordnung von krankheitsadaptierten Spezialprodukten ist ausgeschlossen, soweit es sich um Produkte handelt, die speziell für die Indikationen
- chronische Herz-Kreislauf- oder Ateminsuffizienz,
- Dekubitusprophylaxe oder -behandlung,
- Diabetes mellitus,
- Geriatrie,
- Stützung des Immunsystems,
- Tumorpatienten
angeboten werden.
§ 25 Produkte, die aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht verordnungsfähig sind
Produkte, die aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht verordnungsfähig sind:
- Elementardiäten und Sondennahrung, die über die gesetzlichen Anforderungen hinaus mit Mineralstoffen, Spurenelementen oder Vitaminen angereichert sind,
- hypokalorische Lösungen (Energiedichte unter 1,0 kcal/ml),
- sonstige Hydrolysatnahrungen (nicht hochhydrolysiert zum Einsatz bei Kuhmilcheiweißallergie) und Semielementarnahrungen (auch HA-hypoallergene Spezialnahrung).
§ 26 Produkte, die nicht verordnungsfähig sind, soweit damit Mehrkosten verbunden sind
Hierzu zählen Produkte:
- die speziell mit Ballaststoffen angereichert sind,
- die speziell mit mittelkettigen Triglyzeriden (MCT-Fette) angereichert sind; dies gilt nicht, wenn eine dokumentierte Fettverwertungsstörung vorliegt.
J. Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten
§ 27 Umfang des Anspruchs
(1) 1Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder 2 des Medizinproduktegesetzes (MPG) zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, sind von der Versorgung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 SGB V ausgeschlossen. 2Dies gilt nicht für solche Medizinprodukte nach § 28, die nach den Bestimmungen dieser Richtlinie in medizinisch notwendigen Fällen ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V einbezogen sind.
(2) Ein Medizinprodukt, welches im Hinblick auf seine therapeutische Zweckbestimmung derjenigen eines Arzneimittels entspricht, das nach den Vorschriften der Arzneimittel-Richtlinie nicht zu Lasten der GKV verordnet werden kann, ist ebenfalls nicht verordnungsfähig.
(3) 1Medizinprodukte sind nach § 34 Abs. 1 Satz 7 und 8 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen, wenn bei ihrer Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. 2Ausgeschlossen sind insbesondere Medizinprodukte, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen.
(4) Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind Medizinprodukte von der Versorgung in folgenden Anwendungsgebieten entsprechend der Regelungen nach § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V ausgeschlossen:
- Medizinprodukte zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
- Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen sowie ausgenommen synthetischer Speichel zur Behandlung krankheitsbedingter Mundtrockenheit bei onkologischen oder Autoimmun-Erkrankungen,
- Abführmittel, ausgenommen bei der Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase,
- Medizinprodukte gegen Reisekrankheit.
(5) Der Versorgungsanspruch für Verbandmittel nach § 31 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 1a ist in Abschnitt P dieser Richtlinie geregelt.
(6) Soweit die Anwendung eines Medizinproduktes im Sinne des Absatz 1 eine ärztliche Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darstellt oder integraler Bestandteil einer solchen ist, bedarf es einer Bewertung nach § 135 Abs. 1 SGB V.
(7) Die Verpflichtung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes zur wirtschaftlichen Verordnungsweise bleibt von diesen Regelungen unberührt.
(8) 1Die nach dieser Richtlinie verordnungsfähigen Medizinprodukte sind abschließend in einer Übersicht als Anlage V dieser Richtlinie aufgeführt.2Für die Prüfung auf Aufnahme eines Medizinproduktes in diese Anlage V ist – auch bei ausschließlicher Anwendung für versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen – ein Antrag nach § 34 Abs. 6 SGB V erforderlich.
§ 28 Medizinprodukte
(1) Medizinprodukte nach dieser Richtlinie sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktion zum Zwecke
- der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,
- der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Verletzungen,
- der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.
(2) Medizinprodukte nach dieser Richtlinie sind auch Produkte nach Absatz 1, die einen Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen enthalten oder auf die solche aufgetragen sind, die bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG angesehen werden können und die in Ergänzung zu den Funktionen des Produktes eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten können.
§ 29 Medizinisch notwendige Fälle
Ein Medizinprodukt ist medizinisch notwendig im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wenn
- es entsprechend seiner Zweckbestimmung nach Art und Ausmaß der Zweckerzielung zur Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V und § 28 geeignet ist,
- eine diagnostische oder therapeutische Interventionsbedürftigkeit besteht,
- der diagnostische oder therapeutische Nutzen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und
- eine andere, zweckmäßigere Behandlungsmöglichkeit nicht verfügbar ist.
K. Verordnungsvoraussetzungen von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (sog. Off-Label-Use)2)
2) Für nicht in dieser Richtlinie geregelten Off-Label-Use bleibt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Verordnungsfähigkeit im Einzelfall unberührt.
§ 30 Verordnungsvoraussetzungen
(1) Die Verordnung von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten ist zulässig, wenn
- die Expertengruppen nach § 35c Abs. 1 SGB V mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmers eine positive Bewertung zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung dieser Arzneimittel in den nicht zugelassenen Indikationen oder Indikationsbereichen als Empfehlung abgegeben haben und
- der Gemeinsame Bundesausschuss die Empfehlung in diese Richtlinie übernommen hat (Anlage VI Teil A).
(2) Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt hat die Hinweise zur Anwendung der nach Absatz 1 positiv bewerteten Arzneimittel in den nicht zugelassenen Anwendungsgebieten zu beachten. Soweit nicht abweichend in Anlage VI Teil A geregelt, bleiben die ausweislich der Fach- und Gebrauchsinformationen zu beachtenden Angaben zur Anwendung der nach Absatz 1 positiv bewerteten Arzneimittel unberührt. Dies gilt auch für Mitteilungen der Zulassungsbehörden oder pharmazeutischen Unternehmer insbesondere zu Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen zur Anwendung, Wechselwirkungen und Warnhinweisen.
(3) Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt ist nach ärztlichem Berufsrecht verpflichtet, die bei der Anwendung der nach Absatz 1 verordnungsfähigen Arzneimittel beobachteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) zu melden, insbesondere unter Angabe der Off-Label Indikation.
(4) Im Falle von zulässigem Off-Label-Use im Sinne dieser Richtlinie ist gegebenenfalls eine Verlaufsdokumentation nach Anlage VI Teil A erforderlich.
(5) Arzneimittel zur Anwendung in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten
- die nach Bewertung der Expertengruppen nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechen oder
- die medizinisch nicht notwendig oder
- die unwirtschaftlich sind,
werden in der Anlage VI Teil B indikationsbezogen aufgeführt.
L. Verordnungsfähigkeit der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln in klinischen Studien gemäß § 35c SGB V
§ 31 Verordnungsvoraussetzungen
1Die Verordnung der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln in nichtkommerziellen klinischen Studien zu Lasten der GKV ist zulässig, wenn
- hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist,
- damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen,
- die Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgt, die bzw. der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt (Prüfärztin bzw. Prüfarzt),
- der Gemeinsame Bundesausschuss der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht und
- das Arzneimittel aufgrund arzneimittelrechtlicher Vorschriften vom pharmazeutischen Unternehmer nicht kostenlos bereitzustellen ist (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe g) AMG).
2Eine Leistungspflicht für vergleichbare Verordnungen außerhalb klinischer Studien nach § 35c SGB V wird durch die Regelung nicht begründet.
§ 32 Zulassungsüberschreitende Anwendung
1Eine zulassungsüberschreitende Anwendung im Sinne des § 35c SGB V liegt vor, wenn das Arzneimittel in Indikationen oder Indikationsbereichen angewendet wird, für die es nach dem AMG nicht zugelassen ist. 2Zulassungsüberschreitend ist auch jede Anwendung, die eine Änderung der Zulassung begründet.
§ 33 Schwerwiegende Erkrankung
Eine Krankheit ist schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.
§ 34 Therapierelevante Verbesserung gegenüber bestehenden Behandlungsmöglichkeiten
(1) Die Untersuchung auf Feststellung einer therapierelevanten Verbesserung erfolgt durch Vergleich mit der jeweiligen zu Lasten der Krankenkassen erbringbaren medikamentösen oder nicht medikamentösen Therapie, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.
(2) 1Die Beurteilung, ob eine therapierelevante Verbesserung im Sinne des § 31 Nr. 1 zu erwarten ist, erfolgt insbesondere auf der Grundlage der in der klinischen Studie konfirmatorisch zu untersuchenden Endpunkte. 2Maßgeblich ist, dass die klinische Studie darauf angelegt ist zu untersuchen, ob die zulassungsüberschreitende Anwendung des Arzneimittels eine klinisch relevante Verbesserung gegenüber den bestehenden Behandlungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte, insbesondere Mortalität, Morbidität, Lebensqualität oder Verringerung therapierelevanter Nebenwirkungen zeigt.
§ 35 Anforderungen an die Studienqualität
Die Studie muss den Anforderungen der GCP-Verordnung und der Bekanntmachung zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln am Menschen3) genügen, ggf. sind indikationsspezifische Anforderungen der Zulassungsbehörden (zuständige Bundesoberbehörde oder EMEA) zu beachten.
3) Gemeinsame Bekanntmachung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts in der jeweils gültigen Fassung.
§ 36 Mehrkosten
Die Beurteilung, ob die mit der zulassungsüberschreitenden Anwendung eines Arzneimittels verbundenen Mehrkosten der Studienmedikation mit dem erwarteten medizinischen Zusatznutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen, erfolgt auf der Grundlage der Abwägung dieser Mehrkosten gegen die Kosten der in der Studie eingesetzten Therapie, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.
§ 37 Nachweis- und Informationspflichten
(1) 1Die Prüfung der Verordnungsfähigkeit der zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln in klinischen Studien ist beim Gemeinsamen Bundesausschuss durch den Sponsor im Sinne des § 4 Abs. 24 AMG zu beantragen. 2Der Antrag und die zu seiner Begründung erforderlichen Nachweise sind in schriftlicher Form sowie zusätzlich auf einem elektronischen Datenträger einzureichen; per E-Mail können keine Verfahrensanträge oder Schriftsätze rechtswirksam eingereicht werden.
(2) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dem Antrag innerhalb von 8 Wochen widersprechen, wenn die Voraussetzungen nach den §§ 31 bis 34 nicht erfüllt sind oder folgende Nachweise mindestens 10 Wochen vor Beginn der Arzneimittelverordnung nicht vollständig vorliegen:
- die Genehmigung der Studie durch die zuständige Bundesoberbehörde;
- die zustimmende Bewertung der zuständigen Ethikkommission;
- die Vorlage des aktuellen Prüfplans mit der Eudra-CT-Nr., dem vollständigen Titel und, falls vorhanden, des Kurztitels der klinischen Studie des Prüfplancodes des Sponsors, der Version und des Datums der Unterzeichnung durch den Leiter der klinischen Prüfung auf dem Titelblatt. Die vorgelegte Fassung des Prüfplans entspricht der Fassung, die den Stellen nach 1. und 2. zur Genehmigung vorgelegen hat. Ferner soll eingereicht werden eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte des Prüfplans in deutscher Sprache, wenn der Prüfplan in englischer Sprache vorgelegt wird;
- eine Erläuterung, inwieweit das Arzneimittel/Prüfpräparat zulassungsüberschreitend eingesetzt wird unter Angabe der PZN der Arzneimittel und der aktuellen Fachinformation;
- die Arzt-/Betriebsstättennummer als Nachweis, dass die Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgt, die bzw. der an der vertragsärztlichen oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt;
- eine Begründung, warum die Erkrankung, bei der das Arzneimittel/Prüfpräparat eingesetzt wird, schwerwiegend im Sinne von § 33 ist;
- eine Begründung, inwieweit eine therapierelevante Verbesserung im Sinne des § 34 der Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist;
- Angaben zu den Kosten, die mit der zulassungsüberschreitenden Anwendung des Arzneimittels verbunden sind im Vergleich zu den Kosten der Therapien, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und zu Lasten der GKV erbracht werden dürfen sowie, im Falle von Mehrkosten, eine Stellungnahme zu deren Angemessenheit;
- Offenlegung der Finanzierung der Studie durch den Antragsteller;
- Angabe über derzeit laufende Studien mit vergleichbarer oder ähnlicher Fragestellung;
- Bestätigung der Registrierung der Studie bei einem von der WHO anerkannten, öffentlich zugänglichen Studienregister;
- Angabe, ob Kenntnis über einen Zulassungsantrag für den Wirkstoff in der zulassungsüberschreitenden Anwendung besteht;
- Anzeige des in der klinischen Studie festgelegten Vertriebswegs;
- Verpflichtungserklärung des Sponsors, mit der er sich verpflichtet zu gewährleisten, dass den betroffenen Krankenkassen zum Zwecke der Arzneimittelabrechnung in der Regel monatlich in elektronischer Form
- die Namen der jeweiligen Versicherten,
- Namen, Anschrift und Arzt-/Betriebsstättennummer der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes nach Nr. 5 sowie
- Art und Menge des zulassungsüberschreitend eingesetzten Arzneimittels mit PZN übermittelt werden.
2Die Einwilligung zur Übermittlung ihrer Namen an die Krankenkassen zum Zwecke der Arzneimittelabrechnung ist von den Versicherten mit der Einwilligung zur Teilnahme an der klinischen Studie zu erteilen. 3§ 40 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 AMG bleibt unberührt.
(3) 1Wird einem Antrag widersprochen, weil die eingereichten Unterlagen unvollständig sind, kann der Widerspruch mit dem Hinweis versehen werden, dass die Möglichkeit der Neueinreichung des Antrags mit vollständigen Unterlagen besteht. 2In diesem Falle wird die Frist nach § 35c Satz 3 SGB V erneut in Lauf gesetzt.
(4) Wird dem Antrag nicht widersprochen, ist der Antragsteller verpflichtet, den Gemeinsamen Bundesausschuss über
- den tatsächlichen Beginn sowie die Dauer der Arzneimittelverordnung und
- über genehmigungspflichtige Änderungen des Prüfprotokolls oder über die Beendigung oder Unterbrechung der Studie aus jedwedem Grund unverzüglich zu informieren sowie
- ihm eine deutschsprachige Zusammenfassung des Berichts über die klinische Prüfung mit allen wesentlichen Ergebnissen der klinischen Studie innerhalb von 12 Monaten nach Beendigung der Studie zur Verfügung zu stellen; der Gemeinsame Bundesausschuss wird die Zusammenfassung auf seiner Homepage veröffentlichen.
§ 38 Beschaffung, Verordnung und Aushändigung oder Anwendung der Arzneimittel; Abrechnung
(1) Der Sponsor beschafft das in der Studie zu prüfende Arzneimittel/Prüfpräparat und leitet es als zentrale Verteilungsstelle in der notwendigen Menge an die beteiligten Prüfärztinnen und Prüfärzte weiter.
(2) Die an der Studie beteiligten Prüfärztinnen und Prüfärzte händigen das Arzneimittel/Prüfpräparat den teilnehmenden Versicherten aus oder wenden es bei ihnen an; jede Aushändigung oder Anwendung ist unter dem Namen des Versicherten und seiner Krankenkasse auf dem Verordnungsblatt „Muster 16“ zu vermerken.
(3) Die Abrechnung erfolgt unmittelbar zwischen dem Sponsor und den für die teilnehmenden Versicherten zuständigen Krankenkassen nach Maßgabe des § 37 Abs. 2 Nr. 14; sie ist getrennt von Abrechnungen nach § 300 SGB V und über einen gesonderten Datensatz durchzuführen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Arzneimittel, die als Vergleichsmedikation innerhalb ihres Zulassungsbereiches verblindet eingesetzt werden.
(5) 1Die Verordnung und die Abrechnung von Arzneimitteln, die als Vergleichsmedikation innerhalb ihres Zulassungsbereiches unverblindet eingesetzt werden, erfolgt nach den anderweitig anzuwendenden Vorschriften der vertragsärztlichen Versorgung. 2Dasselbe gilt für Arzneimittel, die unabhängig von der Studie begleitend verordnet werden.
(6) Der Antragssteller kann von den Regelungen der Absätze 1 bis 5 abweichen, wenn er nachweisen kann, dass bei Wahl eines abweichenden Verfahrens die Anforderungen nach den §§ 35 und 37 in gleicher Weise erfüllt werden.
§ 39 Bescheidung und Veröffentlichung
Nach Bescheidung des Antrags nach § 37 Abs. 1 veröffentlicht der Gemeinsame Bundesausschuss das Ergebnis seiner Entscheidung einschließlich der tragenden Gründe im Internet, sofern der Antragsteller der Veröffentlichung nicht innerhalb einer Frist von 5 Werktagen nach Zugang des Bescheides widerspricht.
M. Weitere Regelungen zur wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung
§ 40 Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen (aut idem) und von der Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ausgeschlossene Arzneimittel nach § 129 Absatz 1a SGB V
(1) Die Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen nach § 129 Abs. 1a Satz 1 SGB V ergeben sich aus Anlage VII Teil A Tabelle 1 zu dieser Richtlinie. Arzneimittel zur Injektion/Infusion sind nach Maßgabe der Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen nach § 129 Absatz 1a Satz 1 SGB V in Anlage VII Teil A Tabelle 2 zu dieser Richtlinie austauschbar. Auch ohne Hinweise sind wirkstoffgleiche Arzneimittel, die in Wirkstärke und Packungsgröße identisch, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen sind und die gleiche Darreichungsform besitzen, austauschbar. Die Regelungen über den Ausschluss der Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel bleiben hiervon unberührt.
(2) Arzneimittel, deren Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nach § 129 Abs. 1a Satz 2 SGB V ausgeschlossen ist, sind in Teil B der Anlage VII aufgeführt.
(3) Die Möglichkeit der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes, unter Würdigung patientenindividueller und erkrankungsspezifischer Aspekte nach § 73 Abs. 5 Satz 2 SGB V die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel auszuschließen, bleibt von diesen Regelungen unberührt. Gleiches gilt für die Nichtabgabe wirkstoffgleicher Arzneimittel durch Apothekerinnen und Apotheker bei Vorliegen sonstiger Bedenken nach § 17 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung.
§ 41 Hinweise zu Analogpräparaten
(1) Um der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss Hinweise zur wirtschaftlichen Verordnungsweise, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zum jeweiligen Apothekenabgabepreis ergibt.
(2) Die Hinweise sind in Anlage VIII zu dieser Richtlinie aufgeführt.
§ 42 Bildung von Festbetragsgruppen gemäß § 35 SGB V
1Nach § 35 SGB V bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. 2Die nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB V festzulegenden Gruppen von Arzneimitteln, für die Festbeträge festgesetzt werden können, sowie die jeweiligen Vergleichsgrößen nach § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V ergeben sich aus der Anlage IX zu dieser Richtlinie.
§ 43 Aktualisierung von Vergleichsgrößen nach § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V
Die Vergleichsgrößen, die der Gemeinsame Bundesausschuss nach der in den Entscheidungsgrundlagen zur Festbetragsgruppenbildung festgelegten Methodik ermittelt hat (vgl. Anlage 1 zum 4. Kapitel der Verfahrensordnung – Ermittlung der Vergleichsgrößen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V), werden auf der Grundlage der Verordnungsdaten nach § 35 Abs. 5 Satz 7 SGB V im Rahmen der Festbetragsanpassung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V nach Maßgabe der folgenden Regelungen aktualisiert:
- Den in § 35 Abs. 2 SGB V genannten Stellen ist zum Zwecke der Überprüfung der Aktualisierung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Hierzu sind den Stellungnahmeberechtigten die für die Nachvollziehbarkeit der Aktualisierung der Vergleichsgrößen erforderlichen Daten, insbesondere die für die Ermittlung der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärke relevanten Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes, zu übermitteln. Hiervon sind wegen der hierin enthaltenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht die fertigarzneimittelbezogenen Verordnungsdaten umfasst.
- Die Festbetragsgruppen von Arzneimitteln, bei denen die Vergleichsgrößen nach dem in § 43 festgelegten Verfahren aktualisiert werden, sind in Anlage X der Arzneimittel-Richtlinie zusammengestellt.
N. Verordnung besonderer Arzneimittel (weggefallen)
§ 44–49 (weggefallen)
O. Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V
§ 50 Nutzenbewertung nach § 35a SGB V
1Nach § 35a Abs. 1 SGB V bewertet der Gemeinsame Bundesausschuss den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen. 2Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie, des Ausmaßes des Zusatznutzens und seiner therapeutischen Bedeutung.
§ 51 Umsetzung von Nutzenbewertungen in der Arzneimittel-Richtlinie
1Auf der Grundlage der Nutzenbewertung trifft der Gemeinsame Bundesausschuss mit dem Beschluss nach § 35a Abs. 3 SGB V Feststellungen in dieser Richtlinie zur wirtschaftlichen Verordnungsweise des Arzneimittels, insbesondere
- zum Zusatznutzen des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie,
- zur Anzahl der Patienten bzw. Abgrenzung der für die Behandlung in Frage kommenden Patientengruppen,
- zu Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung und
- zu den Therapiekosten auch im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie.
Das Nähere hierzu wird wirkstoffbezogen in der Anlage XII geregelt.
P. Verbandmittel und sonstige Produkte zur Wundbehandlung
§ 52 Umfang des Leistungsanspruchs
(1) 1Vericherte haben Anspruch auf Versorgung mit Verbandmitteln, soweit diese medizinisch notwendig sind. 2Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. 3Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. 4Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren.
(2) Der Versorgungsanspruch auf sonstige Produkte zur Wundbehandlung besteht, soweit diese nach den Bestimmungen dieser Richtlinie (Abschnitt J Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten) in medizinisch notwendigen Fällen ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung nach § 31 Absatz 1 Satz 2 und 3 SGB V einbezogen sind.
(3) Das Nähere zur Abgrenzung der Leistungen nach Absatz 1 und 2 ergibt sich aus den nachfolgenden Regelungen dieses Abschnitts in Verbindung mit Anlage Va.
(4) Zur Weiterentwicklung der Abgrenzung nach Absatz 3 prüft der Gemeinsame Bundesausschuss aufgrund von Hinweisen gemäß dem ersten Kapitel § 7 Absatz 4 nach Maßgabe des Abschnitts 9 zum vierten Kapitel der Verfahrensordnung den Anpassungsbedarf zur Regelung des Näheren zur Abgrenzung.
§ 53 Verordnungsvoraussetzungen
(1) Verbandmittel müssen als Medizinprodukte nach den Vorschriften des Medizinproduktegesetzes (MPG) oder der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte (Medical Device Regulation – MDR) verkehrsfähig sein und im Rahmen ihrer Zweckbestimmung eingesetzt werden.
(2) 1Als Verbandmittel verordnungsfähig sind solche Produkte, die ausschließlich
1.
- oberflächengeschädigte Körperteile bedecken,
- Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufsaugen oder
- im oben genannten Sinne bedecken und aufsaugen
oder
2. als Gegenstände zur individuellen Erstellung von Verbänden nicht oberflächengeschädigte Körperteile
- stabilisieren,
- immobilisieren oder
- komprimieren
sowie Fixiermaterial.
2Produkte nach Nummer 1 zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausschließlich als eine Barriere zur Abdeckung oder der Absorption von Exsudat oberflächengeschädigter Körperteile zur Anwendung kommen. 3Aufgrund ihrer Produktbeschaffenheit dienen sie ausschließlich den in Nummer 1 genannten Zwecken und besitzen keine darüberhinausgehenden Eigenschaften, es sei denn, sie sind so beschaffen, dass sie sich zusätzlich eignen die Zwecke nach Nummer 2 zu erfüllen oder als Fixiermaterial eingesetzt zu werden. 4Produkte nach Nummer 2 zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei nicht oberflächengeschädigten Köperteilen angewandt werden zur individuellen Erstellung von Verbänden allein mit den Zwecken, Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. 5Als nicht oberflächengeschädigte Körperteile sind auch solche anzusehen, bei denen eine Oberflächenschädigung durch ein Verbandmittel im Sinne des § 31 Absatz 1a SGB V abgedeckt ist. 6Die Produkte dürfen nicht geeignet sein als Gegenstände des täglichen Bedarfs verwendet zu werden. 7Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V sind nicht Gegenstand dieser Richtlinie. 8Ist ein Produkt Bestandteil des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V ist davon auszugehen, dass dieser Gegenstand kein Verbandmittel im Sinne des § 31 Absatz 1a SGB V sein kann. 9Fixiermaterialien sind solche Gegenstände, die dazu geeignet sind, Verbandmittel zu fixieren. 10Eine Zusammenstellung von Produktgruppen, die als Verbandmittel sowie Fixiermaterial im Sinne des Satz 1 anzusehen sind, ist der Richtlinie als Anlage Va Teil 1 angefügt. 11Produktgruppen, die den im medizinischen Sprachgebrauch allgemein verwendeten und in Teil 1 genannten Oberbegriffen nicht zuzuordnen sind, gelten nicht als Verbandmittel im Sinne dieses Absatzes (eineindeutige Verbandmittel). 12Die Prüfung der Hauptwirkung in den Verbandszwecken nach den Vorgaben des Absatzes 3 bleibt hiervon unberührt.
(3) 1Auch als Verbandmittel verordnungsfähig sind solche Produkte mit ergänzenden Eigenschaften, deren Hauptwirkung in den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Zwecken besteht. 2Mindestvoraussetzung ist, dass die Produkte überhaupt geeignet sind, Zwecke nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 zu erreichen; ein ergänzend notwendiger Verband ist unschädlich. 3Produkte nach Satz 1 zeichnen sich durch eine Beschaffenheit aus, die ergänzend zu den Zwecken nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper, eine möglichst physiologische und damit die natürliche Wundheilung unterstützende Umgebung schafft (ergänzende Eigenschaft). 4Wenn die Produkte anhand ihrer – produktgruppenbezogen – objektivierten Eignung unter Berücksichtigung ihrer Beschaffenheit nach deren Anwendung (Erscheinungsbild) die Zwecke nach Absatz 2 durch die ergänzenden Eigenschaften unterstützen, ohne eine eigenständige therapeutische Wirkung gemäß § 54 Absatz 2 Satz 2 zu entfalten, liegt die Hauptwirkung in den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Zwecken. 5Insbesondere besteht die Hauptwirkung in den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Zwecken, wenn die Produkte ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper zusätzlich zu den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Zwecken
- feucht halten,
- Wundexsudat binden,
- Gerüche binden,
- ein Verkleben mit der Wunde verhindern (antiadhäsiv) beziehungsweise atraumatisch wechselbar sind,
- reinigen oder
- antimikrobiell sind.
6Die Hauptwirkung in den in Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Zwecken besteht auch, wenn ein Produkt ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, indem es metallbeschichtet ist, jedoch keine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper hat. 7Eine beispielhafte Zusammenstellung von Produktgruppen, die regelhaft als Verbandmittel in diesem Sinne anzusehen sind, ist der Richtlinie als Anlage Va Teil 2 angefügt. 8Produkte, deren Eigenschaften den vorgenannten ergänzenden Eigenschaften vergleichbar sind, können Verbandmittel im Sinne des Absatzes 3 sein. 9Ergänzende Eigenschaften können produktbezogen jeweils kumuliert auftreten.
§ 54 Abgrenzung zu sonstigen Produkten der Wundbehandlung
(1) 1Sonstige Produkte zur Wundbehandlung sind keine Verbandmittel nach § 31 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1a SGB V. 2Die Hauptwirkung sonstiger Produkte zur Wundbehandlung besteht nicht mehr in den Zwecken nach § 53 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2.
(2) 1Produkte nach Absatz 1 sind solche, die eine therapeutische Wirkung entfalten können (sonstige Produkte zur Wundbehandlung). 2Eine therapeutische Wirkung nach Satz 1 liegt vor, wenn
- über die ergänzenden Eigenschaften nach § 53 Absatz 3 hinausgehende Eigenschaften durch einen oder mehrere Bestandteile erreicht werden, die entweder isoliert als Produkt ausgeboten werden oder mit einem Verbandmittel nach § 53 verbunden oder kombiniert sind,
- der oder die Bestandteile bei isolierter Verwendung geeignet sind, auf die natürliche Wundheilung mit einem eigenständigen Beitrag einzuwirken und
- dieser eigenständige Beitrag aktiven Einfluss auf physiologische und pathophysiologische Abläufe der Wundheilung
- durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungen nehmen kann.
3Eine die Verbandmitteleigenschaft überlagernde therapeutische Wirkung im Sinne des Satz 2 wird widerleglich vermutet, wenn das Produkt entsprechend seiner Zweckbestimmung als Medizinprodukt der Risikoklasse III zertifiziert ist, weil mindestens eine der folgenden Klassifizierungsregeln zutrifft:
- Klassifizierungsregel 14 Anhang VIII der Verordnung (EU) 2017/745,
- Klassifizierungsregel 18 Anhang VIII der Verordnung (EU) 2017/745,
- Klassifizierungsregel 19 Anhang VIII der Verordnung (EU) 2017/745,
- Klassifizierungsregel 13 Anhang IX der EU-Richtlinie 93/42/EWG oder
- Klassifizierungsregel 17 Anhang IX der EU-Richtlinie 93/42/EWG.
(3) 1Eine beispielhafte Zusammenstellung der Produktgruppen, deren zugehörige Produkte als sonstige Produkte zur Wundbehandlung anzusehen sind, ist der Richtlinie als Anlage Va Teil 3 angefügt. 2Die Bestimmungen nach Abschnitt J dieser Richtlinie (Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten) bleiben unberührt.
III. Anpassung und Aktualisierung der Richtlinie
Die Arzneimittel-Richtlinie muss nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und deshalb in geeigneten Zeitabständen überprüft werden.
IV. Verzeichnis der Anlagen zur Richtlinie
Anlage I
zum Abschnitt F: Gesetzliche Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen – Zugelassene Ausnahmen zum gesetzlichen Verordnungsausschluss nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V (OTC-Übersicht)
Anlage II
zum Abschnitt F: Gesetzliche Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen – Verordnungsausschluss von Arzneimitteln zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V (Lifestyle Arzneimittel)
Anlage III
Übersicht über Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch die Arzneimittel-Richtlinie gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und 2 AM-RL und aufgrund anderer Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 3 SGB V) sowie Hinweise zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr
Anlage IV
zum Abschnitt H: Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch die Arzneimittel-Richtlinie – Therapiehinweise gemäß § 92 Abs. 2 Satz 7 SGB V in Verbindung mit § 17 AM-RL zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Arzneimitteln
Anlage V
zum Abschnitt J: Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten
Anlage Va
Teil 1
Produktgruppen nach § 53 Absatz 2 AM-RL
Teil 2
Produktgruppen nach § 53 Absatz 3 AM-RL
Teil 3
Produktgruppen nach § 54 AM-RL (Sonstige Produkte zur Wundbehandlung
Anlage VI
zum Abschnitt K: Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (sog. Off-Label-Use)
Teil A
Arzneimittel, die unter Beachtung der dazu gegebenen Hinweise in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (Off-Label-Use) verordnungsfähig sind
Teil B
Wirkstoffe, die in zulassungsüberschreitenden Anwendungen (Off-Label-Use) nicht verordnungsfähig sind
Anlage VII
zum Abschnitt M: Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen (aut idem) gemäß § 129 Abs. 1a SGB V
Anlage VIIa
zum Abschnitt M: Biotechnologisch hergestellte biologische Referenzarzneimittel und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel (Biosimilars) nach § 129 Absatz 1a Satz 3 SGB V
Anlage VIII
zum Abschnitt M: Hinweise zu Analogpräparaten
Anlage IX
zum Abschnitt M: Festbetragsgruppenbildung gemäß § 35 SGB V
Anlage X
zum Abschnitt M: Festbetragsgruppen von Arzneimitteln, bei denen die Vergleichsgrößen nach dem in § 43 festgelegten Verfahren aktualisiert werden
Anlage XI (weggefallen)
Anlage XII
zum Abschnitt O Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V — Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V
Die nachfolgende Übersicht ist nicht Teil der Arzneimittel-Richtlinie
Anlage I
zum Abschnitt F: Gesetzliche Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen – Zugelassene Ausnahmen zum gesetzlichen Verordnungsausschluss nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V (OTC-Übersicht).
Anlage I wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 31. März 2009
(BAnz Nr. 49a vom 31.3.2009, S. 14),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 18. März 2022
(BAnz AT vom 30.01.2023 B3).
Anlage II
zum Abschnitt F: Gesetzliche Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen – Verordnungsausschluss von Arzneimitteln zur Erhöhung der Lebensqualität gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V (Lifestyle Arzneimittel)
Anlage II wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 16. März 2004
(BAnz. Nr. 77 vom 23. 4. 2004, S. 8905),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 16. Februar 2023
(BAnz AT vom 19.04.2023 B2).
Anlage III
Übersicht über Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch die Arzneimittel-Richtlinie gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGB V in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und 2 AM-RL und aufgrund anderer Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 3 SGB V) sowie Hinweise zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.
Anlage III wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 31. März 2009
(BAnz. Nr. 49a vom 31. 3. 2009, S. 16).
Die bisherige Anlage 10 (BAnz. Nr. 184 vom 28. September 2006, S. 6527, zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 23. Oktober 2008 (BAnz. Nr. 161 vom 23. 10. 2008, S. 3814) wird Bestandteil der neuen Anlage III,
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 16. Februar 2023
(BAnz AT vom 11.05.2023 B3).
Die bisherige Anlage 3 wurde gemäß Bekanntmachung vom 31. März 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31.3.2009, S. 14) aus der Arzneimittel-Richtlinie ausgegliedert; sie wird als selbstständige Übersicht gemäß § 93 Abs. 1 SGB V im Bundesanzeiger gemäß Veröffentlichung vom 18. Oktober 2003, BAnz Nr. 195a, geführt („Ergänzung und Aktualisierung der Arzneimittelübersicht zu der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung“).
Anlage IV
zum Abschnitt H: Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung durch die Arzneimittel-Richtlinie – Therapiehinweise gemäß § 92 Abs. 2 Satz 7 SGB V in Verbindung mit § 17 AM-RL zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Arzneimitteln.
Anlage IV wurde neu in die Arzneimittel-Richtlinien aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 23. Februar 1996
(BAnz. Nr. 77 vom 23. 4. 1996, S. 4802),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 16. April 2020
(BAnz AT vom 26.6.2020 B4).
Anlage V
zum Abschnitt J: Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten
Anlage V wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 5. August 2008
(BAnz. Nr. 116 vom 5. 8. 2008, S. 2851),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 13. April 2023
(BAnz AT vom 12.05.2023 B5).
Anlage Va
zum Abschnitt P: Verbandmittel und sonstige Produkte
zur Wundbehandlung
Teil 1
Produktgruppen nach § 53 Absatz 2 AM-RL
Teil 2
Produktgruppen nach § 53 Absatz 3 AM-RL
Teil 3
Produktgruppen nach § 54 AM-RL (Sonstige Produkte zur Wundbehandlung
Anlage Va wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 20. August 2020
(BAnz AT vom 1.12.2020 B4),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 20. August 2020
(BAnz AT vom 1.12.2020 B4).
Anlage VI
zum Abschnitt K: Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (sog. Off-Label-Use)
Teil A
Arzneimittel, die unter Beachtung der dazu gegebenen Hinweise in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten (Off-Label-Use) verordnungsfähig sind
Teil B
Wirkstoffe, die in zulassungsüberschreitenden Anwendungen (Off-Label-Use) nicht verordnungsfähig sind
Anlage VI wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 18. April 2006
(BAnz. Nr. 134 vom 20. 7. 2006, S. 5122),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 18. August 2022
(BAnz AT vom 27.10.2022 B1).
Anlage VII
zum Abschnitt M: Hinweise zur Austauschbarkeit von Darreichungsformen (aut idem) gemäß § 129 Abs. 1a SGB V
Anlage VII wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 13. Mai 2002
(BAnz. Nr. 103 vom 8. 6. 2002, S. 12401),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 19. Januar 2023
(BAnz AT vom 05.04.2023 B2).
Anlage VIIa
zum Abschnitt M: Biotechnologisch hergestellte biologische Referenzarzneimittel und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel (Biosimilars) nach § 129 Absatz 1a Satz 3 SGB V
Anlage VIIa wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung vom 19. November 2021
(BAnz AT vom 28.02.2022 B2).
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 7. Februar 2023
(BAnz AT vom 25.04.2023 B1).
Anlage VIII
zum Abschnitt M: Hinweise zu Analogpräparaten
Anlage VIII wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 4. September 2003
(BAnz. Nr. 2 vom 6.1.2004, S. 67),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 30. November 2004
(BAnz. Nr. 227 vom 30.11.2004, S. 23 489).
Anlage IX
zum Abschnitt M: Festbetragsgruppenbildung gemäß § 35 SGB V
Es gilt Anlage 2 der Richtlinien in der Fassung vom 17. Dezember 1992
(BAnz. 1993, S. 3171, 5830),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 16. März 2023
(BAnz AT vom 19.04.2023 B3).
Anlage X
zum Abschnitt M: Festbetragsgruppen von Arzneimitteln, bei denen die Vergleichsgrößen nach dem in § 43 festgelegten Verfahren aktualisiert werden
Anlage X wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 21. Februar 2008
(BAnz. Nr. 29 vom 21. 2. 2008, S. 649),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 16. Februar 2023
(BAnz AT vom 27.03.2023 B3).
Anlage XI (weggefallen)
Anlage XII
zum Abschnitt O: Bewertung des Zusatznutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V
Anlage XII wurde neu aufgenommen gemäß Bekanntmachung
vom 11. Januar 2012
(BAnz. Nr. 6 vom 11. 1. 2012, S. 133),
zuletzt geändert gemäß Bekanntmachung vom 6. April 2023
(BAnz AT vom 24.05.2023 B3).