Vom 20. Dezember 2019
Präambel
In der Folge der 1986 vorgenommenen Anfügung von Absatz 6 an § 67 Arzneimittelgesetz (AMG) wurden Untersuchungen verschiedenster Zielsetzungen mit dem Begriff „Anwendungsbeobachtung“ belegt. Explizit verwendet wurde der Begriff in behördlichen Regelungen zum ersten Mal 1989 in den Arzneimittelprüfrichtlinien bei der Aufzählung der Formen möglichen wissenschaftlichen Erkenntnismaterials bei der behördlichen Beurteilung der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln mit bekanntem Wirkstoff. Anwendungs-beobachtungen (AWB) sind aus dem Regelungsbereich der Richtlinie 2001/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 zu klinischen Prüfungen ausdrücklich ausgenommen und stellen keine klinische Prüfung am Menschen im Sinne von § 4 Absatz 23 Satz 1 AMG dar.
Mit Einführung gesetzlicher Änderungen im Bereich der Pharmakovigilanz in Umsetzung der Richtlinie 2001/83/EG wurde der Begriff der Unbedenklichkeitsprüfung nach der Zulassung (Post-authorisation safety study: PASS) in das AMG eingeführt. Entsprechende Studien werden nun nicht mehr vom Begriff der Anwendungsbeobachtung umfasst. Auf europäischer Ebene sind von regulatorischer Seite zahlreiche Leitlinien und Empfehlungen zur Durchführung von Unbedenklichkeitsprüfungen nach der Zulassung veröffentlicht worden, die auch in Deutschland Gültigkeit haben (entsprechende Good Pharmacovigilance Practices (GVP) Module VIII, XVI, u.a.), sowie die relevante Durchführungsverordnung (EU) Nr. 520/2012 vom 19. Juni 2012. Ebenso sind von der europäischen Arzneimittelagentur wissenschaftliche Leitlinien zur Durchführung von Wirksamkeitsstudien nach der Zulassung veröffentlicht worden, die auch Bezug nehmen auf nichtinterventionelle Wirksamkeitsstudien nach der Zulassung.
Durch existierende europäische Empfehlungen für regulatorisch relevante PASS und Wirksamkeitsstudien nach der Zulassung (Post-authorisation efficacy study: PAES) ist eine weitere separate Herausgabe von Empfehlungen zur Durchführung von Anwendungsbeobachtungen seitens der Zulassungsbehörden grundsätzlich nicht länger erforderlich, da für die Zulassungsbehörden relevante nichtinterventionelle PASS und PAES durch entsprechende EU-Regelungen erfasst werden. Aus Gründen der historischen Konsistenz werden jedoch allgemeine Hinweise zur Durchführung von nichtinterventionellen Prüfungen weiterhin in diesem Dokument aufgeführt.
Die gemeinsamen Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Paul-Ehrlich-Instituts (Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, PEI) geben insbesondere Erläuterungen zu den Anforderungen bei der Anzeige von
- Anwendungsbeobachtungen (AWB) nach § 67 Absatz 6 AMG sowie
- nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen (PASS) nach § 63f AMG.
1. Nichtinterventionelle Prüfung
Anwendungsbeobachtungen und nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen zählen zu den sogenannten nichtinterventionellen Prüfungen.
1.1. Definition einer nichtinterventionellen Prüfung
Laut § 4 Absatz 23 Satz 3 AMG ist eine nichtinterventionelle Prüfung eine Untersuchung, in deren Rahmen „Erkenntnisse aus der Behandlung von Personen mit Arzneimitteln anhand epidemiologischer Methoden analysiert werden; dabei folgt die Behandlung einschließlich der Diagnose und Überwachung nicht einem vorab festgelegten Prüfplan, sondern ausschließlich der therapeutischen Praxis; soweit es sich um ein zulassungspflichtiges oder nach § 21a Absatz 1 genehmigungspflichtiges Arzneimittel handelt, erfolgt dies ferner gemäß den in der Zulassung oder der Genehmigung festgelegten Angaben für seine Anwendung.“
Keine nichtinterventionellen Prüfungen sind hingegen Untersuchungen am Menschen nach der Zulassung des Arzneimittels, die dazu bestimmt sind, klinische oder pharmakologische Wirkungen von Arzneimitteln zu erforschen oder nachzuweisen oder Nebenwirkungen festzustellen oder die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Ausscheidung zu untersuchen und die mit dem Ziel durchgeführt werden sollen, sich von der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit der Arzneimittel zu überzeugen, und in denen die Behandlung von Patienten einschließlich der Diagnose und Überwachung über die übliche ärztliche Praxis hinausgeht oder die außerhalb der Bedingungen für die Zulassung durchgeführt werden. Solche interventionellen Prüfungen sind als klinische Prüfungen gemäß § 4 Absatz 23 Satz 1 AMG durchzuführen. Kennzeichen einer klinischen Prüfung sind z. B. eine systematische Zuordnung der Patienten zu Behandlungsarmen im Sinne einer Randomisierung sowie die Verwendung von Arzneimitteln außerhalb der zugelassenen Indikation. Diese klinischen Prüfungen sind vor Beginn gemäß §§ 40 ff. AMG durch die zuständige Bundesoberbehörde zu genehmigen und durch die zuständige Ethik-Kommission positiv zustimmend zu bewerten. Eine solche Genehmigung durch die zuständige Bundesoberbehörde und die zustimmende Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission sind auch für klinische Prüfungen innerhalb der zugelassenen Indikation, sogenannte Phase IV-Prüfungen, erforderlich.
Nichtinterventionelle Prüfungen sind folglich reine Beobachtungsstudien. Es dürfen keine zusätzlichen, d. h. über die übliche therapeutische Praxis hinausgehenden Diagnose- oder Überwachungsverfahren beim Patienten im Beobachtungsplan vorgeschrieben werden. Solche Verfahren, wie z. B. Blutentnahmen, sind in diesen Prüfungen nur dann gestattet, wenn sie im Rahmen der üblichen Therapie als Einzelentscheidung des Arztes für notwendig erachtet werden. Dokumentationssystematisierende und den Arzt-Patienten-Dialog strukturierende Fragebögen können als Instrument einer nichtinterventionellen Studie herangezogen werden, wenn die Häufigkeit ihres Einsatzes sowie ihre Inhalte nicht über die im Rahmen der üblichen therapeutischen Praxis eingeholten Informationen hinausgehen. Dabei sind die datenschutzrechtlichen Belange zu beachten. Der Einsatz Therapie-intervenierender Fragebögen ist nicht zulässig.
Die Beobachtung der Anwendung von zugelassenen bzw. genehmigten Arzneimitteln außerhalb der zugelassenen Indikationen (off-label-use) ist in nichtinterventionellen Prüfungen nicht zulässig.
Ein Arzneimittel darf nicht zu dem Zweck verordnet werden, einen Patienten in eine nichtinterventionelle Prüfung einzuschließen. Die Entscheidung zur medikamentösen Therapie und der Teilnahme an einer nichtinterventionellen Prüfung sind daher grundsätzlich sowohl inhaltlich als auch zeitlich zu trennen. Diese Trennung ist z. B. dann realisiert, wenn der Patient erst für die Prüfung identifiziert wurde, nachdem die Entscheidung über die Therapie getroffen wurde.
Eine systematische Zuordnung der Patienten zu unterschiedlichen Behandlungsarmen unter Verwendung eines Zufallsmechanismus vor Beginn der Behandlung ist unzulässig.
1.2. Anzeigepflichtige nichtinterventionelle Prüfung
Bei Durchführung von nichtinterventionellen Prüfungen gelten gegenüber den zuständigen Bundesoberbehörden Anzeigepflichten für:
- Anwendungsbeobachtungen: Anzeigepflicht nach § 67 Absatz 6 AMG
oder
- nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen
- vom Inhaber der Zulassung auf eigene Veranlassung durchgeführte nichtinterventionelle Prüfungen: Anzeigepflicht nach § 63f AMG
- angeordnete nichtinterventionelle Prüfungen nach Artikel 21a oder 22a der Richtlinie 2001/83/EG oder nach Artikel 9(4)(cb) oder Artikel 10a(1)(a) der Verordnung (EG) Nr. 726/2004, sowie nach § 28 Absatz 3, 3a oder 3b AMG angeordnete nichtinterventionelle Prüfungen nach § 63g Absatz 1 Nr. 2 AMG nach Genehmigung der Prüfung durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee: PRAC): Anzeigepflicht nach Artikel 107n Absatz 3 Satz 2 der Richtlinie 2001/83/EG sowie nach § 63g Absatz 2 Satz 1 AMG.
Der graphische Entscheidungsbaum (siehe Abbildung 1) gibt einen Überblick hinsichtlich der Einordnung von Prüfungen, welche dazu bestimmt sind, Erkenntnisse bei der Anwendung von Arzneimitteln zu sammeln.
1.3. Abgrenzung von nichtinterventionellen gegenüber klinischen Prüfungen
Gemäß § 21 Absatz 4 AMG entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde auf Antrag der zuständigen Landesbehörde über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung; dies betrifft auch die Abgrenzung von einer nichtinterventionellen Studie (NIS) gegenüber klinischen Prüfungen. Entsprechende Abgrenzungsfragen sind daher zunächst an die zuständige Landesbehörde zu richten, um dieser Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (https://www.zlg.de/arzneimittel/deutschland/laenderbehoerden.html). Die zuständige Landesbehörde wird dann ggf. einen Antrag zur Entscheidung an die zuständige Bundesoberbehörde richten.
Abbildung 1: Graphischer Entscheidungsbaum zur Einordnung von Prüfungen

2. Anwendungsbeobachtungen (AWB)
2.1. Definition einer Anwendungsbeobachtung
Anwendungsbeobachtungen sind eine Untergruppe der nichtinterventionellen Prüfungen im Sinne von § 4 Absatz 23 Satz 3 AMG. Bei Anwendungsbeobachtungen handelt es sich um Untersuchungen, die dazu bestimmt sind, Erkenntnisse bei der Anwendung
zugelassener oder registrierter Arzneimittel zu sammeln. Diese Datensammlung kann dabei durch Ärzte oder durch Vertreter von Gesundheitsfachberufen erfolgen. Unter den Begriff der Anwendungsbeobachtungen fallen nichtinterventionelle Prüfungen, in denen eine prospektive, d. h. vorausschauend angelegte Datenerhebung erfolgt. Dabei werden die gesammelten Daten explizit zum Zweck der Durchführung der Studie erhoben (Primärdatenerhebung) und die Daten wurden nicht bereits aus einem anderen Grund dokumentiert.
Register, die die Erfassung von Daten zur Erkrankung (z. B. Krebsregister) zum Gegenstand haben und für die nicht festgelegt wurde, dass weitgehend Personen mit einer definierten medikamentösen Therapie in das Register eingeschlossen werden sollen, fallen nicht unter den Begriff einer AWB im Sinne des § 67 Absatz 6 AMG.
Da nur solche Prüfungen als Anwendungsbeobachtungen einzustufen sind, in denen die Datensammlung vorausschauend zum Zwecke der Auswertung innerhalb einer solchen Prüfung erfolgt, fallen Sekundärdatenanalysen, in denen Daten ohne direkten Bezug zum primären Erhebungsanlass genutzt werden, nicht unter den Begriff einer AWB im Sinne des § 67 Absatz 6 AMG.
2.2. Nationale Anzeigeplicht nach § 67 Absatz 6 AMG
Eine Anwendungsbeobachtung ist gemäß AMG durch die Bundesoberbehörden nicht genehmigungspflichtig. Sie ist aber vom Durchführenden der Anwendungsbeobachtung gemäß § 67 Absatz 6 AMG den kassenärztlichen Bundesvereinigungen, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. sowie der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich und vor der Durchführung anzuzeigen. „Durchführender“ einer AWB ist die natürliche oder juristische Person, die für die Veranlassung, Organisation, Planung, Durchführung, Aufsicht und Finanzierung der AWB hauptverantwortlich ist. Sofern die Verantwortlichkeiten für die Teilaspekte auseinanderfallen, wird vorausgesetzt, dass die Verantwortlichkeiten vor Durchführung geklärt und im Beobachtungsplan näher spezifiziert sowie bei Anzeige der Anwendungsbeobachtung kenntlich gemacht und berücksichtigt werden; dies gilt insbesondere sofern sich der Durchführende bei der Anzeige oder der Übermittlung des Abschlussberichts vertreten lässt. Dies betrifft auch Verantwortlichkeiten bezüglich der Wahrnehmung von Anzeigepflichten (nach AMG und ggf. darüber hinaus) inklusive der erforderlichen fristgerechten Einreichung von Abschlussberichten.
Die Vorgaben zur Anzeige von Anwendungsbeobachtungen nach § 67 Absatz 6 AMG in dieser Empfehlung beziehen sich allein auf die Anzeigeplicht gegenüber den Bundesoberbehörden.
2.2.1. Anzeigeinhalte gegenüber den Bundesoberbehörden
Anwendungsbeobachtungen sind nach § 67 Absatz 6 AMG gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich anzuzeigen. Dabei sind Ort, Zeit, Ziel und Beobachtungsplan der Anwendungsbeobachtung anzugeben. Der zuständigen Bundesoberbehörde ist innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Datenerfassung ein Abschlussbericht zu übermitteln. Diese Angaben sind elektronisch zu übermitteln. Als Ende der Datenerfassung gilt das Datum des letzten ausgefüllten Beobachtungsbogens.
Die Anzeige von Anwendungsbeobachtungen erfolgt elektronisch mittels eines elektronischen Anzeigeformulars, welches auf den Internetseiten der Bundesoberbehörden frei zugänglich ist. Dieses Anzeigeformular ist vollständig auszufüllen und als XML-Datei der zuständigen Bundesoberbehörde elektronisch zu übermitteln.
Dabei sind die folgenden Angaben bei der Anzeige elektronisch zu übermitteln:
Inhalt der Anzeige
- Art der Anzeige: Erstanzeige, Änderungsanzeige oder Einreichung eines Abschlussberichts.
- Angaben zum Anzeigenden: Institution, Name, Adresse (Postanschrift sowie E-Mail-Adresse und Kontakttelefon- und Faxnummer), sowie ggf. Angaben zum Auftraggeber/Initiator der Anwendungsbeobachtung, falls die Anwendungsbeobachtung im Auftrag eines Dritten (z.B. eines pharmazeutischen Unternehmers) durchgeführt wird.
- Titel der Anwendungsbeobachtung: Informativer Titel mit einem gebräuchlichen Begriff zur Angabe des Prüfdesigns und des betreffenden Arzneimittels, des Wirkstoffs oder der Arzneimittelklasse.
- Ziel der Anwendungsbeobachtung unter Angabe der primären Zielgröße.
- Ort: Land der Durchführung, Angabe, ob es sich um eine nationale oder multinationale Anwendungsbeobachtung handelt.
- Geplanter Beginn der Datenerhebung: Zeitpunkt, ab dem Informationen über den ersten Teilnehmer erstmals im Datensatz der Prüfung aufgezeichnet werden, oder bei der Verwendung von Daten aus zweiter Hand, den Zeitpunkt, zu dem die Datenextraktion beginnt.
- Geplantes Ende der Datenerhebung: bezeichnet den Zeitpunkt, bis zu dem Teilnehmende noch beobachtet werden sollen, d. h. noch Erfassungsbögen zu Patienten ausgefüllt werden und Aufzeichnungen zur Datenerhebung erfolgen. Als Ende der Datenerfassung gilt das Datum des letzten ausgefüllten Beobachtungsbogens.
- Geplante Anzahl der einzuschließenden Patienten für die Anwendungsbeobachtung – insgesamt und in Deutschland.
- Geplante Anzahl teilnehmender Ärzte oder Vertreter von Gesundheitsfachberufen für die Anwendungsbeobachtung – insgesamt und in Deutschland.
- Betroffene Arzneimittel nach Angabe im Beobachtungsplan:
- Bei einzelnen Arzneimitteln: Angabe der Arzneimittelbezeichnung, des/der internationalen Freinamen(s) (international nonproprietary name: INN) und des zugehörigen deutschen 7-stelligen anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem-Codes (ATC-Code) und der Zulassungs- oder Registrierungsnummer.
- Bei Beobachtung von allen Arzneimitteln zu einem Wirkstoff: Angabe des/der INN-Namen(s) und des 7-stelligen ATC-Codes.
- Bei Beobachtung von Substanzklassen/Wirkstoffgruppen: Angabe des/der 5-stelligen ATC-Codes und des/der Namen(s) der Substanzklasse(n).
- Bei unspezifischer Erfassung aller Arzneimittel eines Patienten: Angabe der zu erfassenden Arzneimitteltherapie(n) im Bemerkungsfeld.
- Die Bestätigung hinsichtlich der Richtigkeit der Angaben. Die Bestätigung erfolgt durch das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen im Anzeigeformular.
- Die Bestätigung, dass der Anzeigende berechtigt ist, die Anzeige vorzunehmen und von der Veröffentlichung der Angaben und der eingereichten Dokumente in einem Internetportal gemäß § 67 Absatz 6 AMG Kenntnis hat. Die Bestätigung erfolgt durch das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen im Anzeigeformular.
- Bei Einreichung eines Abschlussberichts: Die Bestätigung, dass der Bericht gemäß § 42b Absatz 3 Satz 1 AMG alle Ergebnisse enthält – unabhängig davon, ob sie günstig oder ungünstig sind. Die Bestätigung erfolgt durch das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen im Anzeigeformular.
- Die Bestätigung, dass in den eingereichten Beobachtungsplänen und Abschlussberichten mit Ausnahme des Namens und der Anschrift des Anzeigenden oder des Auftraggebers/Initiators sowie der Angabe des Namens und der Anschrift von nach Artikel 6 Absatz 1 lit. a) Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einwilligender Personen keine personenbezogenen, insbesondere keine patientenbezogenen Daten enthalten sind. Die Bestätigung erfolgt durch das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen im Anzeigeformular.
- Die Zustimmung zur digitalen Speicherung personenbezogener Daten zum Zwecke der internen Bearbeitung in den IT-Systemen des BfArM. Die Zustimmung erfolgt durch das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen im Anzeigeformular.
Zusätzlich zum Anzeigeformular sind weitere Unterlagen zur Anzeige bei der Bundesoberbehörde einzureichen. Es wird empfohlen diese Inhalte als nicht kopiergeschützte PDF-Dokumente einzureichen, welche eine elektronische Stichwortsuche ermöglichen.
- Bei Erstanzeigen sind der Beobachtungsplan und die Erfassungsbögen bzw. Case Report Forms (CRF) oder Fragebögen unter Angabe der Kennziffer der Fassung und des Datums der letzten Fassung einzureichen. CRF und Fragebögen sind Teil des Beobachtungsplans der Anwendungsbeobachtung.
- Bei Änderungsanzeigen sind der geänderte Beobachtungsplan sowie sonstige geänderte Dokumente in einer Reinversion und einer Änderungsversion einzureichen.
- Im Fall der Anzeige eines Abschlussberichts ist ein Abschlussbericht der Anwendungsbeobachtung inklusive aller Anhänge einzureichen.
Die zusätzliche Einreichung des positiven Ethikvotums zur Durchführung der Anwendungsbeobachtung, des statistischen Analyseplans (SAP) und der aktuellen Fachinformationen (falls einzelne Arzneimittel oder Wirkstoffe beobachtet werden) bzw. Gebrauchsinformationen (bei nicht apothekenpflichtigen Präparaten) wird empfohlen.
Die Bundesoberbehörden stellen gemäß § 67 Absatz 6 Satz 10 AMG die ihnen übermittelten Anzeigen und Abschlussberichte der Öffentlichkeit über ein Internetportal zur Verfügung.
Hinsichtlich des Vorgehens zur elektronischen Anzeige von Anwendungsbeobachtungen und der technischen Anforderungen finden sich weitere Informationen auf den Internetseiten der Bundesoberbehörden.
2.3. Ausnahmen von der Anzeigepflicht nach § 67 Absatz 6 AMG
Folgende Studientypen fallen nicht unter den Begriff einer Anwendungsbeobachtung und sind von der Anzeigepflicht nach § 67 Absatz 6 AMG gegenüber den zuständigen Bundesoberbehörden ausgenommen:
- Retrospektive Studien, d. h. es werden ausschließlich rückwirkend Daten erfasst, die beim Einschluss der Patienten bereits vorlagen.
- Sekundärdatenanalysen, d. h. die Auswertung von Daten, welche nicht primär zur Beantwortung der Studienfrage erhoben wurden. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Analyse von Krankenkassendaten oder die retrospektive Auswertung von Patientenakten.
- Querschnittsstudien, in denen eine empirische Untersuchung bzw. Datenerhebung einmalig durchgeführt wird; es erfolgt somit keine prospektive Beobachtung von Teilnehmenden oder eine vorausschauend angelegte Datenerhebung.
- Krankheitsregister ohne spezifische Vorgaben bezüglich der Erfassung bestimmter Medikamente oder Wirkstoffgruppen, z. B. Krebsregister, die die Erfassung von Daten zur Erkrankung zum Gegenstand haben und für die im Beobachtungsplan nicht festgelegt wurde, dass weitgehend Personen mit einer definierten medikamentösen Therapie eingeschlossen werden sollen.
- Nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen, die vom Inhaber der Zulassung initiiert, durchgeführt oder finanziert werden. Diese Studien fallen unter die Anzeigepflicht gemäß § 63f AMG (siehe Kapitel 3).
- Klinische Prüfungen gemäß § 4 Absatz 23 Satz 1 AMG. Klinische Prüfungen sind gemäß § 40 ff. AMG genehmigungspflichtig. Kennzeichen einer klinischen Prüfung sind beispielsweise die zufällige Zuordnung der Prüfungsteilnehmer zu einer bestimmten Behandlungsstrategie (Randomisierung), die Behandlung von Patienten außerhalb der Zulassung von Arzneimitteln (Off-label-Behandlung) sowie die Anwendung diagnostischer Verfahren oder Überwachungsverfahren, die über die normale Behandlungspraxis hinausgehen.
2.4. Änderungsanzeigen nach § 67 Absatz 6 AMG
Da sich die Anzeigepflicht nach § 67 Absatz 6 Satz 1 AMG auf das „Durchführen“ von Untersuchungen bezieht, sind auch während der Durchführung vorgenommene Änderungen von Ort, Zeit, Ziel und Beobachtungsplan der zuständigen Bundesoberbehörde zu melden. Ebenso sind Änderungen der Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Durchführung der Studie der Bundesoberbehörde unmittelbar mitzuteilen. Änderungsanzeigen erfolgen – wie in Kapitel 2.2.1. beschrieben – mittels eines elektronischen Anzeigeformulars.
Bei Änderungen des Beobachtungsplans genügt die Anzeige wesentlicher Änderungen. Darunter sind solche Änderungen zu verstehen, die geeignet sind, die Prüfungsresultate oder deren Auslegung zu beeinflussen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Änderung von primären oder sekundären Zielgrößen bzw. Endpunkten, Änderungen der Prüfpopulation oder wesentliche Änderung des Prüfungsumfangs (ca. +/- 10% der Anzahl der Patienten), Änderungen der Definitionen von Hauptexpositionsgrößen und von Störgrößen oder aber Änderungen des statistischen Analyseplans. Es ist zu beachten, dass durch die Änderung des Beobachtungsplans der nichtinterventionelle Charakter der Prüfung nicht verletzt werden darf.
Im Rahmen der Änderungsanzeige ist ein aktualisierter Beobachtungsplan einzureichen, welcher die Änderungen abbildet. Dabei sollte eine Reinversion des geänderten Beobachtungsplans und eine Version im Änderungsmodus vorgelegt werden. Zur Kommentierung der relevanten Änderungen kann das Feld für Bemerkungen im Anzeigeformular verwendet werden.
Änderungsanzeigen sollten unter Angabe der mitgeteilten NIS-Nummer erfolgen. Entsprechende NIS-Nummern werden durch die zuständige Bundesoberbehörde bei Erstanzeige als interne Nummern vergeben und dem Anzeigenden mitgeteilt.
2.5. Einreichung eines Abschlussberichts nach § 67 Absatz 6 AMG
Gemäß § 67 Absatz 6 AMG ist der zuständigen Bundesoberbehörde „innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Datenerfassung bei Untersuchungen mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, ein Abschlussbericht zu übermitteln.“ Ein Abschlussbericht ist auch im Fall des vorzeitigen Abbruchs der Anwendungsbeobachtung für die bis dahin im Rahmen der Anwendungsbeobachtung erfassten Daten einzureichen. Die Einreichung eines Abschlussberichts erfolgt wie in Kapitel 2.2.1. beschrieben mittels eines elektronischen Anzeigeformulars.
Laut § 67 Absatz 6 Satz 8 AMG gilt dabei § 42b Absatz 3 Satz 1 AMG entsprechend. Folglich muss der eingereichte Abschlussbericht alle Ergebnisse enthalten, unabhängig davon, ob sie günstig oder ungünstig sind. Mit Ausnahme des Namens und der Anschrift des Anzeigenden oder des Auftraggebers/Initiators sowie der Angabe des Namens und der Anschrift von nach Artikel 6 Absatz 1 lit. a) DSGVO einwilligender Personen darf der Abschlussbericht keine personenbezogenen, insbesondere keine patientenbezogenen Daten enthalten.
Bei Einreichung eines Abschlussberichts sind Angaben der Erstanzeige bzw. der letzten Änderungsanzeige im Anzeigeformular zu aktualisieren (z. B. Angabe der tatsächlichen Anzahl eingeschlossener Patienten, etc.).
Der Abschlussbericht soll nach den geltenden Empfehlungen bekannter wissenschaftlicher oder regulatorischer Leitlinien verfasst werden (siehe Kapitel 2.7).
2.6. Übergangsbestimmungen der Anzeigepflicht nach § 67 Absatz 6 AMG Übergangsbestimmungen bezüglich der Einreichung von Abschlussberichten
§ 147 AMG regelt in zeitlicher Hinsicht die Anwendung der neu geschaffenen Pflichten des § 67 Absatz 6 AMG, welche mit dem Dritten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 7. August 2013 (BGBl. I, S. 3108) einhergehen. Danach besteht keine Pflicht zur Einreichung eines Abschlussberichts für Anwendungsbeobachtungen, die vor dem 13. August 2013 begonnen und bis zum 31. Dezember 2013 beendet wurden. Auch eine Veröffentlichung der Antragsunterlagen durch die Bundesoberbehörden erfolgt für diese Anwendungsbeobachtungen nicht.
Die neuen Regelungen von § 67 Absatz 6 AMG gelten somit nur für Anwendungsbeobachtungen, die entweder
- nach dem 13. August 2013 begonnen wurden, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Beendigung,
oder
- vor dem 13. August 2013 begonnen und nach dem 31. Dezember 2013 beendet wurden.
Bestimmungen bezüglich der Anzeigepflicht für alle Durchführenden von Anwendungsbeobachtungen
Die erweiterten Anzeigepflichten für alle Durchführenden von Anwendungsbeobachtungen traten mit Inkrafttreten der gesetzlichen Änderungen zum 26. Oktober 2012 ohne Übergangsbestimmungen in Kraft. Damit gelten auch für bereits vor dem 26. Oktober 2012 begonnene und derzeit noch durchgeführte Anwendungsbeobachtungen entsprechende Anzeigeverpflichtungen für die Durchführenden. In diesen Fällen sind entsprechende Anzeigen nachträglich vorzunehmen.
2.7. Empfehlungen zur Durchführung von Anwendungsbeobachtungen
2.7.1. Empfehlungen zum Beobachtungsplan
Der Beobachtungsplan soll nach anerkannten Empfehlungen wissenschaftlicher oder regulatorischer Leitlinien verfasst werden. Entsprechende Vorgaben finden sich zum Beispiel in folgenden Leitlinien und Empfehlungen:
- „Guidelines for Good Pharmacoepidemiology Practices“ (GPP) der „International Society for Pharmacoepidemiology“ (ISPE),
- Empfehlungen des „ENCePP Guide on Methodological Standards in Pharmacoepidemiology“ sowie die
- Leitlinien für Gute Epidemiologische Praxis (GEP) der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi).
Die Empfehlungen und Muster für PASS-Protokolle entsprechend des GVP Moduls VIII bzw. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 520/2012 der Kommission, können ebenfalls als Grundlage zur Entwicklung des Beobachtungsplans herangezogen werden. Der Beobachtungsplan kann in Deutsch oder Englisch verfasst werden.
2.7.2. Empfehlungen zum Abschlussbericht
Der Abschlussbericht soll nach anerkannten Empfehlungen wissenschaftlicher oder regulatorischer Leitlinien verfasst werden. Entsprechende Vorgaben finden sich zum Beispiel im STROBE-Statement (STrengthening the Reporting of OBservational studies in Epidemiology). Die entsprechenden Empfehlungen und Muster für Abschlussberichte von PASS entsprechend des GVP Moduls VIII bzw. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 520/2012 der Kommission können ebenfalls als Grundlage für die Struktur Abschlussberichts herangezogen werden. Der Abschlussbericht kann in Deutsch oder Englisch verfasst werden.
2.7.3. Qualitätssicherung
Die für epidemiologische Studien üblichen Qualitätsanforderungen gelten auch für Anwendungsbeobachtungen. Ziel der Qualitätssicherung ist es, mögliche Verzerrungen durch einen geeigneten Beobachtungsplan und statistischen Analyseplan sowie eine adäquate Datenanalyse zu minimieren, die Vollständigkeit und Validität der Daten zu sichern sowie Mängel frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Die für die klinischen Prüfungen üblichen Qualitätsstandards sollten, soweit anwendbar und der Fragestellung angemessen, herangezogen werden. Es wird empfohlen die Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis (GEP) zu berücksichtigen. Weitere Empfehlungen finden sich ebenfalls im „ENCePP Guide on Methodological Standards in Pharmacoepidemiology“ oder in den ”Guidelines for Good Pharmacoepidemiology Practices” der “International Society for Pharmacoepidemiology“ (ISPE).
2.7.4. Patientenaufklärung und -einwilligung
Patienten sollten über die Teilnahme an einer Anwendungsbeobachtung aufgeklärt werden. Entsprechend der gültigen ethischen Vorschriften soll die Teilnahme nur freiwillig und nach erklärtem Einverständnis des betroffenen Patienten möglich sein. Bezüglich der Therapieentscheidung ist eine über die übliche Aufklärungspflicht hinausgehende zusätzliche Information des Patienten nicht notwendig. Es kann jedoch ergänzender Aufklärungsbedarf bzgl. des Umgangs mit Patientendaten sowie bzgl. des Vorgehens bei der Beobachtung bestehen.
Das Einholen der Einwilligung des Patienten zur Weitergabe von Daten ist ebenso erforderlich, insbesondere wenn erhobene Daten weitergegeben bzw. von Dritten Quelldaten anhand einer Einsichtnahme in Patientendaten überprüft werden sollen.
Die Vorgaben des Datenschutzes und insbesondere der DSGVO müssen berücksichtigt werden.
2.7.5. Interessenkonflikte, Ethik
Anwendungsbeobachtungen bergen eine Reihe möglicher Interessenkonflikte, speziell im Spannungsfeld zwischen Datenschutz, Schutz des Patienten, Schutz und Haftung der ärztlichen Personen sowie der Angehörigen von Gesundheitsfachberufen und dem Interesse des Auftraggebers/Durchführenden. Es sollte sichergestellt sein, dass vor Durchführung einer Anwendungsbeobachtung eine Beratung durch eine nach Landesrecht gebildete unabhängige Ethik-Kommission erfolgt. Eine Anwendungsbeobachtung sollte erst nach Vorliegen eines zustimmenden Votums einer unabhängigen Ethik-Kommission begonnen werden. Auf die Deklaration von Helsinki und die entsprechenden Vorschriften in den Heilberufsgesetzen der Länder und den Berufsordnungen der Landesärztekammern wird verwiesen.
2.7.6. Berichte und Archivierung
Ergebnisse von Anwendungsbeobachtungen sollten nach wissenschaftlichen Kriterien publiziert werden.
Es wird empfohlen, alle Unterlagen einer Anwendungsbeobachtung für spätere Zugriffe und Auswertungen mindestens 10 Jahre zu archivieren.
Pharmazeutische Unternehmer bzw. nach § 63d Absatz 4 Satz 3 AMG diesen gleichgestellte Personen sollen Ergebnisse von Anwendungsbeobachtungen außerdem in geeigneter Weise in den regelmäßigen aktualisierten Berichten über die Unbedenklichkeit des Arzneimittels (Periodic Safety Update Report: PSUR, bzw. Periodic Benedict-Risk Evaluation Report: PBRER) darstellen. Gegebenenfalls sind ebenfalls regulatorische Vorgaben (insbesondere GVP Modul II und V) zur Angabe von nichtinterventionellen Studien im Risikomanagementplan (RMP) des Arzneimittels und in der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation (Pharmacovigilance-System Master File: PSMF) durch den Zulassungsinhaber zu beachten.
2.7.7. Vergütung und Honorierung
Die Beteiligung an einer Anwendungsbeobachtung ist in der Regel eine ärztliche Tätigkeit. Bei Arzneimitteln, die nicht der Verschreibungspflicht oder entsprechenden Ausnahmen unterliegen, können die Regelungen zu Anwendungsbeobachtungen auch Angehörige anderer Gesundheitsfachberufe betreffen. Vergütung und Honorierung dürfen die wissenschaftliche Zielsetzung und die Auswahl der einzubeziehenden Teilnehmer nicht beeinflussen. Geleistete Entschädigungen an Ärzte und Angehörige von Gesundheitsfachberufen sind nach ihrer Art und Höhe so zu bemessen, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht (siehe § 67 Absatz 6 Satz 3 AMG). Die Vergütung sollte sich auf die Entschädigung für den Zeitaufwand und die angefallenen Kosten beschränken. Zur Orientierung wird auf die entsprechenden Regelungen in den Heilberufsgesetzen der Länder und in den Berufsordnungen der Landesärztekammern verwiesen (vgl. § 33 der (Muster-) Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte). Im Übrigen kann auch die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) eine Orientierung bieten.
3. Nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen nach der Zulassung (Post-authorisation safety studies: PASS)
3.1. Definition einer Unbedenklichkeitsprüfung
Eine Unbedenklichkeitsprüfung bei einem Arzneimittel, das zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist, ist gemäß § 4 Absatz 34 AMG „jede Prüfung mit einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen“. Weitere Hinweise zur Begriffsdefinition von Unbedenklichkeitsprüfungen nach der Zulassung (PASS) finden sich in den Leitlinien zur Guten Praxis im Bereich der Pharmakovigilanz, konkret im GVP Modul VIII zu PASS und im GVP Modul V zu Risikomanagementplänen basierend auf Artikel 108a der Richtlinie 2001/83/EG. Der Begriff der Unbedenklichkeitsprüfung orientiert sich primär daran, ob die Prüfung in der Hauptsache initiiert wird, um Sicherheitsbedenken zu adressieren. Regulatorisch erforderliche Unbedenklichkeitsprüfungen werden im RMP des Arzneimittels als zusätzliche Pharmakovigilanzmaßnahmen aufgeführt. Unbedenklichkeitsprüfungen können sowohl interventioneller wie auch nichtinterventioneller Natur sein. Die Vorgaben in der vorliegenden Empfehlung beziehen sich jedoch ausschließlich auf nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen.
Für die Planung, Durchführung und Anzeige von nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen sowie für die Erstellung von entsprechenden Protokollen und Abschlussberichten sind die Vorgaben der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 520/2012 der EU-Kommission, die Vorgaben der Leitlinien zur guten Praxis im Bereich der Pharmakovigilanz, insbesondere GVP Modul VIII wie auch V und VI, sowie entsprechende relevante Zusatzdokumente wie z.B. GVP Modul VIII Addendum 1 zu beachten. Informationen, Protokolle und Abschlussberichte zu nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen nach der Zulassung sollen entsprechend den Vorgaben des GVP Moduls VIII im EU-PAS-Register nach Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 veröffentlicht werden (siehe www.encepp.eu).
3.2. Nationale Anzeigepflicht nach § 63f AMG
Für den Inhaber der Zulassung gilt bei nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen eine Anzeigepflicht gegenüber den Bundesoberbehörden nach § 63f AMG. Der Inhaber der Zulassung hat Unbedenklichkeitsprüfungen auch der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. unverzüglich anzuzeigen. Die nachfolgenden Empfehlungen beziehen sich jedoch nur auf die Anzeigepflicht gegenüber den Bundesoberbehörden.
Nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen, die vom Inhaber der Zulassung auf eigene Veranlassung durchgeführt werden, sogenannte freiwillige PASS, sind der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich anzuzeigen. Dabei sind der zuständigen Bundesoberbehörde vom Inhaber der Zulassung das Protokoll und ggf. nach Aufforderung auch die Fortschrittsberichte vorzulegen. Innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Datenerfassung hat der Inhaber der Zulassung der zuständigen Bundesoberbehörde den Abschlussbericht zu übermitteln.
Bei angeordneten nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen nach der Zulassung (angeordnet nach Artikel 21a oder 22a der Richtlinie 2001/83/EG, nach Artikel 9(4)(cb) oder Artikel 10a(1)(a) der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder nach § 28 Absatz 3, 3a o der 3b AMG) ist das PASS-Protokoll zudem genehmigungspflichtig nach § 63g AMG bzw. nach Artikel 107n(1) der Richtlinie 2001/83/EG. Der Inhaber der Zulassung hat bei angeordneten nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen den Entwurf des Studienprotokolls vor Durchführung
- der zuständigen Bundesoberbehörde zur Genehmigung vorzulegen, wenn es sich um eine Prüfung handelt, die nur im Inland durchgeführt wird,
oder
- dem Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) zur Genehmigung vorzulegen, wenn es sich um eine Prüfung handelt, die in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt wird.
Bei nach Artikel 21a oder 22a der Richtlinie 2001/83/EG, nach Artikel 9(4)(cb) oder Artikel 10a(1)(a) der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder nach § 28 Absatz 3, 3a oder 3b AMG und unter § 63g Absatz. 1 Nr. 2 AMG fallenden angeordneten nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen nach der Zulassung ist das Protokoll nach Genehmigung durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der zuständigen Bundesoberbehörde vorzulegen (siehe Artikel 107n Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2001/83/EG: „Wurde ein Billigungsschreiben […] ausgestellt, hat der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen das Protokoll den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen die Studie durchgeführt werden soll, zu übermitteln und kann anschließend die Studie entsprechend dem gebilligten Protokoll beginnen.“).
Diese Vorlage bei den zuständigen Bundesoberbehörden soll analog zur Anzeige nichtinterventioneller Unbedenklichkeitsprüfungen nach § 63f AMG erfolgen.
Nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen sind der zuständigen Bundesoberbehörde auch dann separat anzuzeigen, wenn bereits ein Eintrag im EU-PAS-Register nach Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erfolgt ist.
Nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen sind unabhängig von ihrem Studiendesign nach § 63f AMG anzeigepflichtig; die Anzeigepflicht ist nicht auf nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfungen begrenzt, welche Primärdaten prospektiv erheben, sondern umfasst beispielsweise ebenfalls Register, retrospektive Studien, Sekundärdatenanalysen und Querschnittsstudien.
3.3. Anzeigeninhalte gegenüber den Bundesoberbehörden
Die nationale Anzeige an die Bundesoberbehörde erfolgt elektronisch mittels eines Formulars, welches auf den Internetseiten der Bundesoberbehörden frei zugänglich ist. Dieses Anzeigeformular ist vollständig auszufüllen und als XML-Datei der zuständigen Bundesoberbehörde zu übermitteln.
Im Anzeigeformular ist anzugeben:
- Art der Anzeige: Erstanzeige, Änderungsanzeige oder Einreichung eines Abschlussberichts.
- Angaben zum Anzeigenden: Institution, Name, Adresse (Postanschrift sowie E-Mail-Adresse und Kontakttelefon- und Faxnummer).
- Angaben zum Zulassungsinhaber: Institution, Name, Adresse (Postanschrift sowie E-Mail-Adresse und Kontakttelefon- und Faxnummer).
- Titel der Unbedenklichkeitsprüfung: Informativer Titel mit einem gebräuchlichen Begriff zur Angabe des Prüfdesigns und des betreffenden Arzneimittels, Wirkstoffs oder der Arzneimittelklasse und ein Untertitel mit Kennziffer der Fassung und dem Datum der letzten Fassung.
- Zulassungsinhaber.
- ENCePP-Nummer bzw. EUPAS-Register-Prüfungsnummer.
- Ziel der Prüfung unter Angabe der primären Zielgröße.
- Ort: Land der Durchführung bzw. Angabe der Länder, in denen die nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfung durchgeführt wird.
- Geplanter Beginn der Datenerhebung: Zeitpunkt, ab dem Informationen über den ersten Teilnehmer erstmals im Datensatz der Prüfung aufgezeichnet werden, oder bei der Verwendung von Daten aus zweiter Hand, den Zeitpunkt, zu dem die Datenextraktion beginnt.
- Geplantes Ende der Datenerhebung: Zeitpunkt, zu dem der Analysedatensatz vollständig vorliegt. Der Analysedatensatz ist der minimale Datensatz für die statistische Auswertung zum primären Studienziel.
- Geplante Anzahl der einzuschließenden Patienten für die nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfung – insgesamt und in Deutschland.
- Geplante Anzahl teilnehmender Ärzte bzw. Vertreter anderer Gesundheitsfachberufe für die nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsprüfung – insgesamt und in Deutschland.
- Angabe der PASS-Kategorie (d.h. Kategorie I, II, III oder IV) basierend auf dem aktuellen RMP (entsprechend den Vorgaben des GVP Moduls V).
- Betroffene Arzneimittel nach Angabe im Protokoll:
- Bei einzelnen Arzneimitteln; Angabe der Arzneimittelbezeichnung, des/der INN-Namen(s) und des zugehörigen deutschen 7-stelligen ATC-Codes und der Zulassungs- oder Registrierungsnummer.
- Bei Beobachtung von allen Arzneimitteln zu einem Wirkstoff: Angabe des/der INN-Namen(s) und des 7-stelligen ATC-Codes.
- Bei Beobachtung von mehreren Substanzklassen/Wirkstoffgruppen: Angabe des/der 5-stelligen ATC-Code(s) und des/der Namen(s) der Substanzklasse(n).
- Bei unspezifischer Erfassung aller Arzneimittel eines Patienten: Angabe der zu erfassenden Arzneimitteltherapie(n) im Bemerkungsfeld.
- Die Bestätigung hinsichtlich der Richtigkeit der Angaben. Die Bestätigung erfolgt durch das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen im Anzeigeformular.
- Die Zustimmung zur digitalen Speicherung personenbezogener Daten zum Zwecke der internen Bearbeitung in den IT-Systemen des BfArM. Die Zustimmung erfolgt durch das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen im Anzeigeformular.
Zusätzlich zum Anzeigeformular sind weitere Unterlagen zur Anzeige einzureichen. Es wird empfohlen, diese Inhalte als nicht kopiergeschützte PDF-Dokumente einzureichen, welche eine elektronische Stichwortsuche ermöglichen.
- Bei Erstanzeigen sind das Protokoll und die Erfassungsbögen bzw. Case Report Forms (CRF) der nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfung unter Angabe der Kennziffer der Fassung und des Datums der letzten Fassung einzureichen.
- Bei Änderungsanzeigen ist das geänderte Protokoll und weitere geänderte Unterlagen (z.B. CRF) in einer Rein- und einer Änderungsversion einzureichen.
- Im Fall der Anzeige eines Abschlussberichts ist ein vollständiger Abschlussbericht der nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfung einzureichen.
Die zusätzliche Einreichung von statistischen Analyseplänen und den aktuellen Fachinformationen (falls einzelne Arzneimittel oder Wirkstoffe beobachtet werden) bzw. Gebrauchsinformationen (bei nicht apothekenpflichtigen Präparaten) wird empfohlen.
Protokolle und Abschlussberichte von nichtinterventionellen Unbedenklichkeitsprüfungen sind in englischer Sprache einzureichen. Wird die Unbedenklichkeitsprüfung allein in Deutschland durchgeführt, können Protokolle und Abschlussberichte auf nationaler Ebene auch in Deutsch eingereicht werden.
Hinsichtlich des Vorgehens zur elektronischen Anzeige von Unbedenklichkeitsprüfungen und der technischen Anforderungen finden sich weitere Informationen und Hinweise auf den Internetseiten der Bundesoberbehörden.
3.4. Übergangsbestimmungen zur Einführung des Begriffs der Unbedenklichkeitsprüfung nach der Zulassung
Übergangsbestimmungen zur Einführung des Begriffs der Unbedenklichkeitsprüfung nach der Zulassung in das AMG sind in § 146 Absatz 8 AMG aufgeführt. Danach finden §§ 63f und 63g AMG Anwendung auf Prüfungen, die nach dem 26. Oktober 2012 begonnen wurden. Somit fallen Unbedenklichkeitsprüfungen, die bis zum 26. Oktober 2012 begonnen wurden und die als Anwendungsbeobachtung einzustufen sind, bezüglich der Anzeige- und Transparenzpflichten weiterhin unter die Regelungen des § 67 Absatz 6 AMG.