Vom 9. Februar 2005
(BAnz. Nr. 31 vom 15. Februar 2005, S. 2383)

Einführung Stufenplan

Der Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) in der seit dem 16. Fe­bruar 2005 geltenden Fassung liegt die seit dem 4. März 1990 geltende Fassung (BAnz. Nr. 44 vom 3. März 1990) zugrunde.

Der Stufenplan baut ein System zur Erfassung von Arzneimittelrisiken auf. Personen und Institutionen, die am Verkehr mit Arzneimitteln oder ihrer Anwendung beteiligt und sachkundig sind, werden einbezogen, bei der Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken zusammenzuwirken. Im Stufenplan werden die zu ergreifenden Maßnahmen genannt und Wege zur Information von Fachkreisen und der Öffentlichkeit bestimmt. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beobach­tung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) nach § 63 AMG besteht seit dem 1. Oktober 1980 und wurde etwa zehn Jahre später erstmals ge­ändert. Das deutsche Stufenplanverfahren ist damit in den grundsätzlichen Anforderungen in einer 25jährigen Praxis erprobt. Es hat sich bewährt und stellt eines der ersten Verfahren zur Arzneimittelsicherheit in der Europäischen Union (EU) dar.

Die jüngste Novellierung erfolgte auf Grund der umfangreichen Änderungen im nationalen und europäischen Arzneimittelrecht. So wurden mit dem zentralen und dem dezentralen Zulassungsverfahren neue Zuständigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz geschaffen. Außerdem wurden im Zuge diverser Novellierungen des deutschen Arzneimittelgesetzes Regelungen in das Gesetz aufgenommen, die auch die Vorgehensweise im Stufenplan tangieren. Bei der Neufassung berücksichtigt wurden insbesondere auch Erfahrungen aus der Praxis der behördlichen Sicherheitsüberwachung von Arzneimitteln.

Die zuständige Bundesoberbehörde wirkt im Rahmen ihrer Aufgaben gemäß § 62 AMG mit einer Vielzahl nationaler, europäischer und internationaler Behörden und Stellen zusammen, die in die Erfassung von Arzneimittelrisiken einbezogen sind. Die Liste der wesentlichen Stufenplanbeteiligten wurde in der Neufassung erweitert (Punkt 2). So können die obersten Landesgesundheits- und -veterinärbehörden nun­mehr andere Stellen mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen der Ver­waltungsvorschrift beauftragen. Neu aufgenommen wurde auch die 1994 errichtete Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG), die bei Zuständigkeiten der Länder insbesondere koordinierende Aufgaben wahrnimmt.

Außerdem werden nun auch die im GKV-Modernisierungsgesetz (Gesetz vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190) verankerte Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten genannt. Dies soll die Patienteninformation auf dem Gebiet der Arzneimittelsicherheit stärken und höhere Transparenz beim Bewertungsprozess von Arzneimittelrisiken schaffen. Neu aufgeführt werden dar­über hinaus nationale Pharmakovigilanzzentren, die Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gemäß § 25 Abs. 7a AMG, die Expertengruppe/n „Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs“, die zuständigen Stellen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die Europäische Direktion für die Qualität von Arzneimitteln des Europarats und die zuständigen Stellen der Staaten, mit denen ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung abgeschlossen wurde.

Bei der Auflistung von Arzneimittelrisiken werden in Anlehnung an § 4 AMG solche Wechselwirkungen mit anderen Mitteln aufgeführt, die zu Nebenwirkungen führen; Gegenanzeigen wurden gestrichen, da diese kein Risiko, sondern vielmehr eine Maßnahme zur Verringerung eines Risikos darstellen. Das Arzneimittelrisiko „Resistenzbildung“ wurde zur Klarstellung ergänzt durch „bei Antiinfektiva“.

Die Neufassung präzisiert die Meldewege bei der Sammlung von Meldungen über Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken, wobei Arzneimittelrisiken, die gegebenenfalls eine Änderung des Zulassungsstatus erfordern, grundsätzlich primär in die Zuständigkeit der betreffenden Bundesoberbehörde fallen. Meldungen über Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken müssen nunmehr von den verschiedenen Arz­neimittel­kommissionen und nationalen Pharmakovigilanzzentren der zuständigen Bundes­ober- oder Landesbehörde gemeldet werden.

Insbesondere ist die Neudefinition der Eingreifschwelle für die Einleitung von Stufenplanverfahren zu beachten. Während die Gefahrenstufe I des Stufenplans wie bisher angezeigt ist, wenn auf Grund von Meldungen oder sonstigen Informationen über Arzneimittelrisiken die „Möglichkeit einer gesundheitlichen Gefährdung“ besteht, soll künftig die Gefahrenstufe II bereits beim „Verdacht einer unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier bei der Anwendung eines bestimmten Arzneimittels“ eingeleitet werden. Dies gilt in den Fällen, in denen der pharmazeutische Unternehmer selbst keine notwendigen risikomindernden Maßnahmen ergriffen hat. Bislang war zur Einleitung eines Verfahrens in Gefahrenstufe II der „begründete Verdacht auf ein gesundheitliches Risiko“ erforderlich. Diese Änderung ist darauf zurückzuführen, dass der „begründete Verdacht auf ein gesundheitliches Risiko“ gemäß § 30 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 2 Nr. 5 AMG bereits das Kriterium für den Widerruf der Zulassung darstellt. Diskussionen zur Gefahrenstufe II müssen daher bereits im Vorfeld, d. h. bereits bei einem Verdacht einer unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier bei der Anwendung eines bestimmten Arzneimittels durchgeführt werden.

Bei Arzneimittelrisiken, die in die Zuständigkeit der Landesbehörden fallen, bestimmt sich deren Vorgehen nach den Verfahrensanweisungen der Länder, die von der ZLG herausgegeben werden. Wenn die betroffenen Arzneimittel im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung oder im zentralen Verfahren zugelassen worden sind oder ein Schiedsspruchverfahren gemäß Artikel 31 oder 36 der Richtlinie 2001/83/EG oder Artikel 35 oder 36 der Richtlinie 2001/82/EG anhängig war oder ist, bestimmt sich das Vorgehen nach § 69 Abs. 1a AMG.

Weiterhin wurde die Liste der wesentlichen Maßnahmen zur Risikoabwehr novelliert und erweitert, insbesondere um die Möglichkeit der Durchführung von Expertenanhörungen, die Auflage zur Bekanntmachung von Änderungen der Fachinformation, die Anordnung von Warnhinweisen, des Sofortvollzugs und des Rückrufs. Blutplasmaprodukte unterstehen nunmehr auch den Risikoabwehrmaßnahmen der zuständigen Bundesoberbehörde (Punkt 6.1.4), da sie seit der Verordnung vom 15. Juli 1994 (BGBl. I S. 1614) der staatlichen Chargenprüfung unterliegen.

Punkt 7 regelt den Informationsaustausch der Stufenplanbeteiligten unter Einbeziehung weiterer internationaler Stellen sowie die Unterrichtung der EU-Kommission über die Umsetzung von Kommissionsentscheidungen.

Die zuständigen Behörden können die Öffentlichkeit über Arzneimittelrisiken und beabsichtigte Maßnahmen informieren. Zuvor wird der pharmazeutische Unternehmer regelmäßig hierüber unterrichtet. Bei Gefahr im Verzuge kann die Öffentlichkeit jedoch unmittelbar informiert werden.

Die bisherige Regelung, dass die Gefahrenstufe II als Sondersitzung durchgeführt werden soll, wurde durch die Neuregelung den tatsächlich durchgeführten Verfahren angepasst: Die zuständige Bundesoberbehörde kann nun in der Gefahrenstufe II eine Sondersitzung durchführen (Punkt 9).

Der Text der Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) nach § 63 AMG vom 9. Februar 2005 wurde im Bundesanzeiger Nr. 31 vom 15. Februar 2005 bekannt gemacht.

Nach § 63 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586), der zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) geändert worden ist, erlässt die Bun­desregierung die folgende allgemeine Verwaltungsvorschrift:

Artikel 1

1 Zweck der allgemeinen Verwaltungsvorschrift

Die allgemeine Verwaltungsvorschrift regelt die Zusammenarbeit zwischen der nach § 77 AMG zuständigen Bundesoberbehörde und anderen beteiligten Behörden und Stellen, die Einschaltung der pharmazeutischen Unternehmer, das Vorgehen nach Gefahrenstufen und die Informations­wege. Sie gilt entsprechend bei Verfahren zur Risikovorsorge.

2 Beteiligte Behörden und Stellen

Die zuständige Bundesoberbehörde wirkt im Rahmen ihrer Aufgaben gemäß § 62 AMG insbesondere mit den folgenden Behörden und Stellen zusammen:

2.1 den obersten Landesgesundheits- und -veterinärbehörden oder jeweils einer beauftragten Stelle (nachstehend oberste Landesgesundheits- und -veterinärbehörden) und der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten,

2.2 den Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe, der Ärzte- und Tierärzteverbände der besonderen Therapierichtungen und der Heilpraktikerschaft,

2.3 den Bundesverbänden der pharmazeutischen Industrie und den von ihnen benannten Stellen, die Informationen über Arzneimittelrisiken sammeln,

2.4 dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, anderen betroffenen Bundesministerien und den zuständigen Stellen im Geschäftsbereich der Bundesministerien,

2.5 dem oder der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patien­tinnen und Patienten,

2.6 den Kommissionen nach § 25 Abs. 6, 7 und 7a AMG, der oder den Ex­pertengruppe/n „Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs“,

2.7 den nationalen Pharmakovigilanzzentren,

2.8 den Informations- und Behandlungszentren für Vergiftungsfälle,

2.9 den Dienststellen der Weltgesundheitsorganisation,

2.10 den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum,

2.11 der Europäischen Arzneimittelagentur und ihren zuständigen Ausschüssen und der Europäischen Direktion für die Qualität von Arzneimitteln des Europarats (EDQM),

2.12 den zuständigen Stellen der Staaten, mit denen ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (MRA) abgeschlossen wurde,

2.13 den Mitgliedern des Pharmaceutical Inspection Cooperation Scheme,

2.14 den Arzneimittelbehörden anderer Staaten.

3 Arzneimittelrisiken

Als Arzneimittelrisiken kommen insbesondere in Betracht:

3.1 Nebenwirkungen, einschließlich solcher, die durch Wechselwirkungen mit anderen Mitteln bedingt sind,

3.2 Resistenzbildungen bei Antiinfektiva, unzureichende Wirksamkeit von Impfstoffen,

3.3 Missbrauch, Fehlgebrauch,

3.4 Gewöhnung, Abhängigkeit

3.5 nicht ausreichende Wartezeit bei Arzneimitteln für Tiere,

3.6 Mängel der Qualität; bei Gegenständen, die als Arzneimittel gelten, auch Mängel technischer Art,

3.7 Mängel der Behältnisse und äußeren Umhüllungen,

3.8 Mängel der Kennzeichnung und der Fach- und Gebrauchsinformation,

3.9 Arzneimittelfälschungen,

3.10 potentielle Risiken für die Umwelt aufgrund der Anwendung eines Tier­arzneimittels.

4 Sammlung von Meldungen über Arzneimittelrisiken

4.1 Die zuständige Bundesoberbehörde sammelt zentral Meldungen über Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken.

4.2 Die zuständige Behörde unterrichtet unverzüglich die zuständige Bundes­oberbehörde über bekannt gewordene Verdachtsfälle von Arzneimittel­risiken.

4.3 Die zuständige Bundesoberbehörde unterrichtet unverzüglich die zustän­dige oberste Landesgesundheits- oder -veterinärbehörde und erforder­lichen­falls die zuständige Behörde über bekannt gewordene Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken nach den Nummern 3.6 bis 3.10.

4.4 Die Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe, der Ärzte- und Tierärzteverbände der besonderen Therapierichtungen und der Heilpraktikerschaft und die nationalen Pharmakovigilanzzentren geben Meldungen über Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken an die zuständige Bundesober- oder Landesbehörde weiter.

4.5 Die Benachrichtungspflicht eines Apothekenleiters gegenüber der zuständigen Behörde nach den Bestimmungen der Apothekenbetriebsordnung sowie die Anzeige- und Mitteilungspflichten des pharmazeutischen Unternehmers gemäß den einschlägigen nationalen und europäischen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

5 Vorgehen nach Gefahrenstufen

5.1 Weisen Meldungen oder sonstige Informationen über Arzneimittelrisiken auf die Möglichkeit einer unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier hin, so tritt die zuständige Bundesoberbehörde zunächst mit dem betroffenen pharmazeutischen Unternehmer unter gleichzeitiger Benachrichtigung der für diesen zuständigen obersten Landesgesundheits- und -veterinärbehörde und dann in der Regel mit anderen der unter Nummer 2 genannten Behörden und Stellen in einen Informationsaustausch ein (Gefahrenstufe I).

Der Informationsaustausch erstreckt sich insbesondere auf die Häufigkeit der vermuteten Arzneimittelrisiken, ihre möglichen Ursachen und den Grad der Gefährdung, auch unter Berücksichtigung der Abgabemenge und des Umsatzanteils an der Arzneimittelgruppe. Bei Blutzubereitungen und bei Arzneimitteln, die der Chargenprüfung nach § 32 Abs. 1 AMG unterliegen, sind die vermuteten Arzneimittelrisiken chargenspezifisch zu bewerten.

Ergibt der Informations­austausch in Gefahrenstufe I oder ergeben die Meldungen und sonstigen Informationen über Arzneimittelrisiken den Verdacht auf eine unmittel­bare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier und hat der pharmazeutische Unternehmer selbst keine notwendigen risikomindernden Maßnahmen ergriffen, so wird er zu vorgesehenen risikomindernden Maßnahmen angehört (Gefahrenstufe II). Darüber hinaus bleiben die Verpflichtungen der zuständigen Behörde unberührt, unverzüglich die zur Gefahrenabwehr notwendigen Maßnahmen zu treffen.

5.2 Bei Arzneimittelrisiken nach den Nummern 3.6 bis 3.9 bestimmt sich das Vorgehen der Landesbehörden nach deren Verfahrensanweisungen.

5.3 Sofern die betroffenen Arzneimittel im Rahmen der gegenseitigen Anerkennung oder im zentralen Verfahren zugelassen worden sind oder bei ihnen ein Schiedsverfahren gemäß den Artikeln 31 oder 36 der Richtlinie 2001/83/EG oder Artikel 35 oder 36 der Richtlinie 2001/82/EG anhängig ist oder durchgeführt wurde, wird auf § 69 Abs. 1a AMG verwiesen.

6 Maßnahmenkatalog

Zur Gefahrenabwehr werden durch die Behörden insbesondere die folgenden Maßnahmen getroffen:

6.1 durch die zuständige Bundesoberbehörde:

6.1.1 Einholung weiterer Stellungnahmen von Sachverständigen, Durchführung von Expertenanhörungen, Einschaltung von Referenzzentren, Vergabe von Forschungsaufträgen,

6.1.2 Anwendungsempfehlungen für die Heilberufe und Abgabeempfehlungen für die Apotheken und die tierärztlichen Hausapotheken, jeweils in Zusammenarbeit mit den Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilbe­rufe, der Ärzte- und Tierärzteverbände der besonderen Therapierichtungen oder der Heilpraktikerschaft,

6.1.3 Auflagen nach § 11a Abs. 2 Satz 2 AMG, § 28 AMG, § 39 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 AMG, § 110 AMG, § 119 AMG, § 36 VwVfG oder Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO,

6.1.4 Rücknahme oder Widerruf der Freigabe einer Charge oder der Freistellung von der Chargenprüfung bei Sera, Impfstoffen, Allergenen und Blutzubereitungen aus Mischungen von humanem Blutplasma nach § 32 Abs. 5 AMG,

6.1.5 Rücknahme, Widerruf oder Ruhen der Zulassung nach § 30 AMG,

6.1.6 Rückruf und öffentliche Warnung nach § 69 AMG,

6.1.7 Feststellung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AMG;

6.2 durch die zuständige Behörde:

6.2.1 Maßnahmen nach §§ 64, 65 AMG,

6.2.2 Untersagung des Inverkehrbringens, Anordnung des Rückrufs und Sicherstellung nach § 69 AMG;

6.3 durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und, in den Fällen der Nummern 6.3.1, 6.3.2, 6.3.5 und 6.3.6, durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind:

6.3.1 Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit (Rechtsverordnung nach § 6 AMG),

6.3.2 Anordnung von Warnhinweisen, Warnzeichen oder Erkennungszeichen (Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 AMG),

6.3.3 Maßnahmen im Bereich der Zulassung und Chargenprüfung (Rechtsver­ordnung nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 AMG),

6.3.4 Aufhebung der Standardzulassung (Rechtsverordnung nach § 36 AMG),

6.3.5 Ausweitung der Apothekenpflicht (Rechtsverordnung nach § 46 AMG),

6.3.6 Unterstellung unter die Verschreibungspflicht (Rechtsverordnung nach § 48 oder § 49 AMG),

6.3.7 Untersagung der Einfuhr (Rechtsverordnung nach § 72a Abs. 2 AMG),

6.3.8 Unterstellung unter die Vorschriften des Betäubungsmittelrechts (Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3 BtMG);

6.4 durch andere Bundesministerien:

6.4.1 Maßnahmen im Überwachungsbereich nach § 70 AMG in Verbindung mit §§ 64, 65 und 69 AMG,

6.4.2 Maßnahmen im Überwachungsbereich der Einfuhr (Rechtsverordnung nach § 74 Abs. 2 AMG). Bevor durch die zuständige Bundesoberbehörde Maßnahmen nach Nummer 6.1.5 getroffen und Auflagen nach § 28 AMG angeordnet werden, ist den Kommissionen nach § 25 Abs. 6 und 7 AMG Gelegenheit zur Stellungnahme binnen angemessener Frist zu geben. Die Verpflichtung der zuständigen Bundesoberbehörde, bei Gefahr im Verzuge unverzüglich zu handeln, bleibt unberührt.

7 Gegenseitige Information der Beteiligten

7.1 Die Maßnahmen nach den Nummern 6.1.3 bis 6.1.7 sowie ihre Änderung und Aufhebung sind mit einer Begründung von der zuständigen Bundes­oberbehörde den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Behörden und Stellen nach den Nummern 2.1 bis 2.7 und dem Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels schriftlich oder gegebenenfalls gemäß § 34 Abs. 2 AMG bekannt zu geben.

7.2 Die zuständige Behörde unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde umgehend über Maßnahmen nach der Nummer 6.2.2 und über den Rückruf eines Arzneimittels oder einzelner Chargen durch den pharmazeutischen Unternehmer. Dabei ist bei allen Maßnahmen mitzuteilen, in welche Staaten das betreffende Arzneimittel oder die betreffende Arzneimittel­charge ausgeführt wurde und für welche Staaten ein Zertifikat, insbeson­dere nach dem Zertifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation, erteilt wurde. Soweit erforderlich werden die unter den Nummern 2.1 bis 2.7 genannten Behörden und Stellen und der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels unterrichtet.

7.3 Die obersten Landesgesundheits- und -veterinärbehörden sorgen, soweit erforderlich, für die Benachrichtigung der für den Vollzug des Arznei­mittelgesetzes zuständigen Behörden, Stellen und Sachverständigen in ihrem Verantwortungsbereich. Die nach § 70 Abs. 2 AMG oder § 74 AMG zuständigen Bundesministerien und Stellen treffen eine entsprechende Regelung.

7.4 Bei Umsetzung von Kommissionsentscheidungen wird die Europäische Kom­mission von der zuständigen Bundesoberbehörde innerhalb von 30 Ta­gen über die erfolgte Maßnahme unterrichtet. Darüber hinaus findet ein Informationsaustausch mit den ausländischen Behörden gemäß den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben statt.

7.5 Die zuständige Bundesoberbehörde tritt mit den unter 2.9 bis 2.14 genannten Stellen und gegebenenfalls den Einfuhrländern, die von bekannt ge­wordenen Arzneimittelrisiken betroffen sind, und anderen internatio­nalen Stellen, mit denen ein entsprechendes Abkommen besteht, in einen Informationsaustausch ein gemäß den jeweiligen gemeinschaftlichen Verfahrens­anweisungen zum Schnellinformationssystem bei Arzneimittel­risiken ein­schließlich solcher auf Grund von Qualitätsmängeln.

8 Routinesitzung

8.1 Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte lädt Vertreterinnen und Vertreter der unter den Nummern 2.1 bis 2.5 und 2.7 genannten Stellen, das Paul-Ehrlich-Institut und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter Mitteilung der Tagesordnung jährlich zu zwei oder mehr Routinesitzungen ein, in denen durch die zuständigen Bundes­oberbehörden ein allgemeiner Sachstandsbericht gegeben, die Auswertung eingegangener Meldungen über Arzneimittelrisiken, insbesondere Fälle von Nebenwirkungen, erörtert und über Maßnahmen zur Beschaffung weiterer Informationen beraten wird. Vorschläge zur Tagesordnung können von diesen Beteiligten eingebracht werden.

8.2 Über die Routinesitzung fertigt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils ein Ergebnisprotokoll an und übersendet es den in den Nummern 2.6, 2.7 und 8.1 genannten Stellen.

9 Sondersitzung

9.1 Die zuständige Bundesoberbehörde kann in der Gefahrenstufe II eine Sondersitzung durchführen. In diesem Fall werden unter Nennung des Anlasses und der Fragestellung Vertreter der unter den Nummern 2.1 bis 2.6 genannten Stellen eingeladen, sowie die beiden anderen Bundesoberbehörden, Sachverständige und die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer, die Sachverständige ihrer Wahl mitbringen können. Diese sind jeweils berechtigt, Stellungnahmen abzugeben.

9.2 Gilt die Sondersitzung als Anhörung im Sinne des § 30 Abs. 3 AMG, so sind die Inhaber der Zulassung bereits bei der Einladung darauf hinzuweisen.

9.3 Die Sondersitzung findet unter Vorsitz eines Vertreters der zuständigen Bundesoberbehörde statt; sie schließt mit einer zusammenfassenden Darstellung des Sachverhalts durch den Vorsitzenden und Bekanntgabe des Termins, an dem mit einer Entscheidung in der Sache gerechnet werden kann. Dabei soll auf die möglicherweise in Betracht kommenden Maßnahmen hingewiesen werden.

10 Information der Öffentlichkeit

10.1 Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Öffentlichkeit über Arzneimittelrisiken und beabsichtigte Maßnahmen informieren. Die zuständigen Behörden entscheiden über die Information der Öffentlichkeit im Rahmen ihrer Zuständigkeit und nach pflichtgemäßem Ermessen. Art und Inhalt der Information ist bei Bedarf zwischen den zuständigen Behörden abzustimmen. Werden Maßnahmen gegenüber pharmazeutischen Unternehmen getroffen, so soll die Information der Öffentlichkeit nicht vor dem Datum der Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber dem betreffenden pharmazeutischen Unternehmen erfolgen. Die Möglichkeit, bei Gefahr im Verzuge die Öffentlichkeit unmittelbar zu informieren, bleibt unberührt.

10.2 Wurde die Öffentlichkeit über eine getroffene Maßnahme informiert, so wird sie auch über eine diesbezügliche Änderung oder Aufhebung mit Begründung unterrichtet.

Artikel 2 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese allgemeine Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Gleichzeitig tritt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken (Stufenplan) nach § 63 des Arzneimittelgesetzes (AMG) in der seit dem 4. März 1990 geltenden Fassung (BAnz. Nr. 44 vom 3. März 1990) außer Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Berlin, den 9. Februar 2005

Der Bundeskanzler Gerhard Schröder

Die Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung Ulla Schmidt

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